Lieber Hanspeter
 
herzlichen Dank für Deine Performance im Autopoietischen Kreis. Das war für mich eine spannende
Sache und Dein Engagement hat mich sehr gefreut und angesteckt. Ich will Dir von zwei meiner
experimentellen Erfahrungen berichten, es sind Experimente, die ich oft verwende.
 
Das erste Experiment geht wie folgt: Ich "schaltete" das Wort "Bewusstsein" in Deinem ganzen Vortrag
aus (so wie Du das für die Beobachtung des Atem für den Körper vorgeschlagen hast). Dabei habe ich
erlebt, dass ich Deinem ganzen Vortrag sehr gut folgen konnte. Alles, was Du erzählt hast, machte für mich
auch jenseits von Bewusstsein Sinn. Ich habe viel über "Bewusstsein" gelernt, weil ich es weggelassen habe.
 
Das zweite Experiment ist ein dialogisches: Ich habe immer bewusst registriert, wo Du von Fakten
gesprochen hast, und ich habe dabei die Reaktionen in mir und im Kreis wahrgenommen. Ich nahm dabei
für "wahr", dass die Fakten viel mehr schlechte Gefühle, Opposition oder Fluktuationen im Bewusstsein erzeugten,
als etwa "das Gehen auf dem Wasser". Besonders habe ich durch Deine Gegenüberstellung der Schul-Physik und
einer bewusstseinserweiterten Physik realisiert, dass ich die Schulphysik dort grässlich finde, wo sie von
Fakten spricht.
Ich teile mit Dir, das wir in sehr pivilegierten Verhältnissen leben und deshalb experimentieren können - was ich
ausgiebig mache. Die Schulphysiker nehme ich wie die Yogapraktizierenden wahr, sie machen Experimente, die
nicht von der Not des Ueberlebens geleitet sind. Beide untersuchen quasi ihr Bewusstsein.
Wenn ich das Selbstinduktions-Experiment mit der Spule als Experiment wahrnehme (statt als Beweis irgendeiner
Realität), dann sage ich, was ich in diesem Experiment genau mache, und was ich dabei genau wahrnehme. Ich
sage aber nicht, was andere dabei wahrnehmen müssen (denn das wäre ein Experiment mit den andern).
Deine Formulierungen in bezug auf die Physik erlebte ich sehr "objektivistisch". Ich fragte mich, ob die Unterscheidung
Schulphysik versus bewusstseinserweiterte Physik sinnvoll ist. Ich unterscheide lieber ein Bewusstsein, das Resultate
von Experimenten als subjektive Erfahrungen berichtet, von einem Bewusstsein, das die Resultate für so objektiv hält,
dass sie auch für adere Menschen gelten müssen.
Die Bewusstseins-Fluktuation, an deren Beruhigung ich - mit Methoden wie Yoga und Physik - arbeite, heisst Objektivität
und Realität.
 
Dein Vortrag hat mir dabei viel geholfen. Danke.
 
Herzliche Grüsse
Rolf