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Subject: Autopoietischer Kreis - Spencer-Brown   [ ]
Date: Thu, 16 Mar 2006 14:30:45 +0100
 

Lieber autopoietischer Kreis
 
ich habe einen Beitrag zu G. Spencer-Brown angekündigt, weil Heinz in seinem Vortrag
auf das Unterscheiden und Kreuzen von G. Spencer-Brown bezug genommen hat. Dann hat
sich - via email-Verteiler  - ergeben, dass Helmut Schauer angeboten hat, auch etwas über
"Laws of Form" beizutragen. Darin sah ich eine grosse Chance, so dass ich mit meinen
Bemerkungen gerne zeitlich etwas zurückgetreten bin. Ich werde also am nächsten freien
Termin auch einige Dinge zu Laws of Form sagen. Ich orientiere mich dabei aber an Anwendungen
in den Sozialwissenschaften (H. von Foerster, N. Luhmann, D. Baecker), die mit Algebra
allesamt nichts zu tun haben - oder genauer: ich kann den Zusammenhang nicht sehen.
Deshalb wollte/konnte ich gestern auch nichts beitragen, es hätte einfach nicht gepasst,
respektive ich kann nicht zeigen, wie es passt.
 
Die Rezeptionsgeschichte ist meines Erachtens genau so gespalten: Es gibt einen Kreis von
Mathematikern, die sich mit der "Algebra" von G. Spencer-Brown befassen (die wesentlich
weiter geht, als was Helmut gestern vortragen konnte, weil es dann eben wirkliche Mathematik ist,
also mit irreellen, imaginären Zahlen (und solches Zeugs). Die andere Rezeption im
Konstruktivismus verzichtet auf das Rechnen (und auf die Algebra) und übernimmt "Konzepte",
wie das Beobachten und das re-entry, über die ich dann erzählen werde.
 
Auch auf dieser Ebene finde ich meine persönlichen Erfahrungen mit G. Spencer-Brown wichtig.
Ich bin immer noch geblendet von der Diskrepanz, wie Menschen das Werk von G. Spencer-Brown
aufnehmen und wie sie ihn als Person ausblenden. Im kleinen Prinz von A. de Saint-Exupéry steht:
 
Dieser Planet ist nur ein einziges Mal im Jahre 1909 von einem türkischen Astronomen im
Fernrohr gesehen worden. Er hatte damals beim internationalen Astronomen- kongreß einen
großen Vortrag über seine Entdeckung gehalten. Aber niemand hatte ihm geglaubt, und zwar
ganz einfach seines Anzuges wegen. Die großen Leute sind so. Zum Glück für den Ruf des
Planeten B 612 befahl ein türkischer Diktator seinem Volk bei Todesstrafe, nur noch europäische
Kleider zu tragen. Der Astronom wiederholte seinen Vortrag im Jahre 1920 in einem sehr eleganten
Anzug. Und diesmal gaben sie ihm alle recht.
 
Mit G. Spencer-Brown habe ich diese Erfahrung mehrfach verdreht vorgeführt bekommen. Auch darüber
wollte ich etwas sagen. Im Nachhinein war mir gestern nicht ganz wohl, weil ich nur erzählt habe, wie
schräg G. Spencer-Brown sich benommen hat. Ich konnte seine Arroganz nur ertragen, indem ich ihn
als "verstört" interpretierte. Das wirklich schräge finde ich, wie ich mit solchem Wahnsinn umgehe. Mir
scheint das allerschrägste an G. Spencer-Brown ist, dass er Algebra und Mathematik ernst nimmt,
während seine Popularität darauf beruht, dass seine Algebra "nicht nachvollziehbar ist". Das erinnert mich
sehr an andere Gurus (die ich leider nur vom Hören her kenne).
 
Aber erzählen will ich, was man mit seinem Kalkül so alles anstellen kann, wenn man keine Ahnung
von Algebra und Mathematik hat. Da sind ja die Bereiche, denen auch ich ein Stück weit folgen kann.
 
 
Liebe Grüsse
Rolf Todesco
 
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