juristische Person
[ zurück ]
[ Index ]
[ Literatur-Index ]
[ Die Hyper-Bibliothek ]
Eine juristische Person ist eine Personenvereinigung oder eine Vermögensmasse, die aufgrund gesetzlicher Anerkennung rechtsfähig ist, das heißt selbst Träger von Rechten und Pflichten sein kann, dabei aber keine natürliche Person ist.
Grundform der juristischen Person des Privatrechts ist der eingetragene Verein (e.V.). Andere juristische Personen, etwa die GmbH, die Aktiengesellschaft und die eingetragene Genossenschaft, bauen auf dieser Grundform auf. Sie erlangen ihre Rechtsfähigkeit durch Eintragung bei einem bei Gericht geführten Register (z. B. Handelsregister, Vereinsregister).
Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind Rechtssubjekte, die auf öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Gebiet Rechtsfähigkeit kraft Gesetzes besitzen. Sie bestehen aufgrund öffentlich-rechtlicher Hoheitsakte oder öffentlich-rechtlicher Anerkennung (z. B. Gemeinden oder Kirchen). Ihnen gemeinsam ist das Recht der Selbstverwaltung, sie unterstehen staatlicher Aufsicht und können in der Regel objektives Recht für ihren Aufgabenbereich durch Satzungen setzen. Generell wird unterschieden zwischen Körperschaften, Anstalten des öffentlichen Rechts und Stiftungen öffentlichen Rechts. Unterarten der Körperschaften, bei denen Zwangsmitgliedschaft ein häufiges Kriterium ihrer Errichtung darstellt, sind Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Landkreise und Gemeinden), Personal- und Realkörperschaften (Gemeindeverbände, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern oder Berufskammern wie den Rechtsanwaltskammern), und – überwiegend – Universitäten (universitas ist auch der lateinische Ausdruck für Körperschaft). Die Anstalten gliedern sich in bundesunmittelbare Anstalten (z. B. die Deutsche Nationalbibliothek, ZDF, Bundesanstalt für den Güterfernverkehr), landesunmittelbare Anstalten (z. B. Rundfunkanstalten, Fachhochschulen und AOK) und kommunale Anstalten (z. B. aus einer Gemeinde ausgegliederte Abwasserbetriebe usw.). Zu den Stiftungen gehören z. B. Deutsche Bundesstiftung Umwelt, aber auch Stiftungsuniversitäten wie die Universität Göttingen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind entweder bundesgesetzlich (§ 12 Abs. 1 InsO) oder landesrechtlich (z. B. § 128 Abs. 2 GemO NRW) nicht insolvenzverfahrensfähig.
Rechtsgeschichte
Im 19. Jahrhundert konkurrierten verschiedene wissenschaftliche Theorien um die selbständige juristisch-dogmatische Deutung und Einordnung von Personenmehrheiten, Vermögensmassen u. a. in das geltende Recht (sog. Gemeines Recht). Der Gesetzgeber des Deutschen Reiches (1871–1945) entschied sich für die Rechtsfiktion der „juristischen Person“ und verankerte sie als neue Gesetzesinstitution in das am 1. Januar 1900 in Kraft tretende „Bürgerliche Gesetz-Buch“ (BGB).
In der Folge kreierte der Gesetzgeber die streng limitierte Zahl spezieller gesetzlicher juristischer Personen (Eingetragener Verein/e. V., Gesellschaft mit beschränkter Haftung/GmbH, Kommanditgesellschaft/KG, Aktiengesellschaft/AG und neuestens die Europäische Aktiengesellschaft/SE und die Wirtschaftliche Interessenvereinigung/EWIV).
Damit wurde 1900 die führende Gegenmeinung vom selbständigen „Zweckvermögen“ verworfen. Sie war 1857 – im einzelnen ausgeführt erst 1860 – von dem prominenten bayerischen Juristen des Römischen Rechts Alois Ritter von Brinz (1820–1887) begründet worden. Ein Verein, eine Aktiengesellschaft usw. sei keine „juristische Person“, sondern ein „Vermögen, das für etwas gehöre“, ein „Zweckvermögen“. Während die berühmte Theorie unterging, verbreitete sich das leere Wort „Zweckvermögen“ ungebremst weiter. Ein Jahrhundert nach der Aufstellung der Zweckvermögenstheorie durch von Brinz hat Gerold Schmidt 1969 in einer umfassenden monographischen Bestandsaufnahme den unpräzisen, oft schillernden Wildwuchs des Begriffs in zahlreichen Rechts-, Wirtschafts- und Steuergebieten nachgezeichnet. „Zweckvermögen“ wird danach oft vorgeschoben, wenn der juristische Eigentümer eines Vermögens unbekannt ist oder vorsätzlich verschleiert werden soll.
Meist sind sogenannte „Zweckvermögen“ als normale Treuhandvermögen zu entlarven, die dem Eigentum des Treugebers zuzurechnen sind.