Literatur
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Texte im NetzDie Irrmeinung von der Beziehungslosigkeit zwischen Sprache und Denken |
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Von B. Whorf stammt die Sapir-Whorf-These, die er selbst noch "linguistisches Relativitätsprinzip" nannte. B. Whorf (1897-1941). 1914 bis 1918 studierte er Chemie am Massachusetts Institute of Technology. Danach arbeitete er hauptberuflich als Brandverhütungsingenieur für eine Versicherung. In seinen späteren Jahren wurden ihm verschiedentlich Forschungsaufgaben auf dem Gebiet der Linguistik und Kulturanthropologie angeboten, die er jedoch ausschlug. 1930 reiste er schließlich nach Mexiko. Dort fand er dank seiner intimen Kenntnis der Schriftkunst der Azteken und Maya eine Inschrift, in deren Folge die erste Reihe von Aufsätzen über Maya-Hieroglyphen entstand. 1928 kam er erstmals mit seinem Lehrer, Edward Sapir, in persönlichen Kontakt. Als E. Sapir 1931 Professor für Anthropologie in Yale wurde, studierte B. Whorf dort indianische Linguistik. 1937 bis 1938 war B. Whorf als Dozent für Anthropologie an dieser Universität tätig. Hinsichtlich der Linguistik im engeren Sinne wurde er durch seine Forschungen auf dem Gebiet der uto-aztekischen Sprachen und vor allem des Hopi bekannt. Seine Bedeutung liegt jedoch auf den Gebieten der Metalinguistik und Sprachphilosophie. |
Helmut Gipper (1919-2005) war Sprachwissenschaftler. Er war 1967 und 1969 Gastdozent an der Universität von New Hampshire in Durham (USA) und reiste zu den Hopi-Indianern im Nordosten Arizonas, um Whorfs Behauptung zu überprüfen, diese Indianer hätten eine bemerkenswert andersartige Raum-Zeit-Auffassung; das Hopi-Verb sei ohne Tempora im Sinne der indoeuropäischen Sprachen und enthalte keine Zeitbezüge. Dies bestätigte Gipper nicht, fand jedoch den Grundgedanken der Sapir-Whorf-Hypothese richtig, dass das Bewusstsein der Hopis anders strukturiert sei als das der Europäer. Er veröffentlichte 1972 mit „Gibt es ein sprachliches Relativitätsprinzip?“ seine Ergebnisse, nach denen Strukturen der Grammatik einer Sprache das Bewusstsein und die Weltansicht ihrer Sprecher prägen und deren Denken, Werten und Handeln mitbestimmen. Dies bestärkte ihn in seiner These des Sprachapriori, dass ohne Sprache keine Bewusstseinsentwicklung möglich sei. Worte sind nicht einfach zu übernehmende Tatsachen, sondern werden nur in ihrer äusseren Form gelernt, das Innere muss erst gedanklich erschlossen werden. Das zu den Namen Hinzugedachte und -empfundene bildet die erlebte Welt des Sprechers, die Namen bilden die äussere Gestalt dafür. Mit den Namen eigene Gedanken mitzuteilen, geschieht erst sekundär.
"Es ist eine zweite, durchaus sekundäre Frage, ob und wie weit Sprachen dann in der Lage sind, Zeitverhältnisse sprachlich zum Ausdruck zu bringen. Das ist, wenn auch mit erheblichen Unterschieden im einzelnen, als normal zu vermuten; denn wenn Kommunikation läuft und ein Formulierbedarf besteht, wird die Sprache schon eine Möglichkeit finden, dem nachzukommen. Jedenfalls findet die gegenteilige Hypothese (Whorf, Sapir) heute kaum noch Anhänger." (Luhmann, Soziologische Aufklärung 5, Gleichzeitigkeit und Synchronisation, S.124, Anm. 55)
und Metakritik:
N. Luhmann bestätigt die These von B. Whorf, die er offensichtlich nicht kennt. (N. Luhmann kennt vieles, was er verwendet oder kritisiert, nur vom Hörensagen).
N. Luhmann spricht zwar - wie andere Philosophen - eine idiosynkratische Sprache, aber er reflektiert diese nicht, er spricht über Sachen. Seine "Gesellschaft" hat bei ihm eine Sprache gefunden, so wie die Zeitverhältnisse in eine Sprache gekommen sind. Der Witz bei B. Whorf ist nicht, dass die Sprache eine zeitliche Priorität habe, sondern dass sie einer bestimmte Logik entsprechen muss, damit das Gesagte als logisch oder vernünftig erscheint.