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Hermann Hesse: Das Glasperlenspiel Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht samt Knechts hinterlassenen Schriften. 511 g. 605 S. 3. A. 1998. Suhrkamp-Tb. (2572). Suhrkamp Taschenb. Kartoniert. SFr. 25.30 ISBN 3-518-39072-4

Zusammenfassung

In den Jahren 1930 bis 1942 hat Hermann Hesse in seinem großen Alterswerk Das Glasperlenspiel eine Gegenwelt zum Zeitalter des Faschismus und zum feuilletonistischen Kulturbetrieb der Gegenwart entworfen. "Es galt für mich", schrieb er rückblickend, "einen geistigen Raum aufzubauen, in dem ich leben und atmen konnte. Allen Vergiftungen der Welt zum Trotz mußte ich das Reich des Geistes und der Seele als existent und unüberwindlich sichtbar machen, so wurde meine Dichtung zur Utopie, das Bild in die Zukunft projiziert, die üble Gegenwart in eine überstandene Vergangenheit gebannt."

Weil es für Hesse keinen Fortschritt gibt ohne die Verwirklichung von Utopien, hat er inmitten von Chaos und Anarchie mit der Pädagogischen Provinz Kastalien das Modell eines an Ordnung, Vernunft und Maß orientierten Bildungssystems entworfen. Die in Kastalien entwickelte und praktizierte Technik des Glasperlenspiels zielt darüber hinaus auf eine interdisziplinäre Vernetzung von Kunst und Wissenschaft. Mathematik und Musik und die durch fortschreitende Spezialisierung auseinanderdriftenden Disziplinen der Geistes- und Naturwissenschaften können mit Hilfe der universellen Zeichensprache des Glasperlenspiels wieder verbunden und ihrer gemeinsamen Struktur bewußt werden. Diese so aktuelle wie zukunftsorientierte Synopse von abendländischer und asiatischer Geistesgeschichte, aktiver und kontemplativer Lebenspraxis verliert ihren utopischen Charakter am Beispiel der Biographie von Josef Knecht, der die Pädagogische Provinz in dem Augenblick verläßt, sobald sie wie jede Institution in Bürokratie, Orthodoxie und unsozialem Selbstzweck zu erstarren droht.

Das Buch wurde von den nationalsozialistischen Machthabern mit Publikationsverbot belegt. Erst nach dem Krieg und der Verleihung des Nobelpreises für Literatur an Hermann Hesse 1946 konnte es endlich auch in Deutschland die Leser erreichen, für die es vor allem bestimmt war.

Leseprobe

Es ist unsere Absicht, in diesem Buch das Wenige festzuhalten, was wir an biographischem Material über Josef Knecht aufzufinden vermochten, den Ludi Magister Josefphus III., wie er in den Archiven des Glasperlenspiels genannt wird. Wir sind nicht blind gegen die Tatsache, daß dieser Versuch einigermaßen im Widerspruch zu den herrschenden Gesetzen und Bräuchen des geistigen Lebens steht oder doch zu stehen scheint. Ist doch gerade das Auslöschen des Individuellen, das möglichst vollkommene Einordnen der Einzelperson in die Hierarchie der Erziehungsbehörde und der Wissenschaften eines der obersten Prinzipien unsres geistigen Lebens. Und dieses Prinzip ist denn auch in langer Tradition so weit verwirklicht worden, daß es heute ungemein schwierig, ja in vielen Fällen vollkommen unmöglich ist, über einzelne Personen, welche dieser Hierarchie in hervorragender Weise gedient haben, biographische und psychologische Einzelheiten aufzufinden; in sehr vielen Fällen lassen sich nicht einmal mehr die Personennamen feststellen. Es gehört nun einmal zu den Merkmalen des Geisteslebens unsrer Provinz, daß seine hierarchische Organisation das Ideal der Anonymität hat und der Verwirklichung dieses Ideals sehr nahe kommt.

Wenn wir trotzdem auf unsrem Versuche bestanden haben, einiges über das Leben des Ludi Magister Josefphus III. festzustellen und uns das Bild seiner Persönlichkeit andeutend zu skizzieren, so taten wir es nicht aus Personenkult und aus Ungehorsam gegen die Sitten, wie wir glauben, sondern im Gegenteil nur im Sinne eines Dienstes an der Wahrheit und Wissenschaft. Es ist ein alter Gedanke: je schärfer und unerbittlicher wir eine These formulieren, desto unwiderstehlicher ruft sie nach der Antithese.

zitiert in:

Rolf Todesco: Konstruktives Wissensmanagement

Anmerkungen von Rolf Todesco

Das Glasperlenspiel interpertiere ich als Explikation des Steppenwolfes. Es stellt den Wolf in die Gesellschaft. Ich lesedarin, wie sich Hesse die Zähmung des Wolfes vorstellt: Aeusserlich durch einen Orden (sinnigerweise Benediktiner), innerlich durch ein Wissenskonzept, in welchem Wissenschaft, Kunst und Esoterik (Meditation) aufgehoben sind. Der Wolf heisst Knecht, weil er sich die Zähmung wünscht. Er ist aber ein "Steppenwolf", der die Sehnsucht nach dem ungezähmten Zustand (das wirkliche Leben als Fressen und Huren: 343) nicht sublimieren kann.

über das Glasperlenspiel