Erich Hörl: Zeus in New York: Heidegger und die Kybernetik Taschenbuch. Merve, 2005, ISBN-13: 978-3883962160
Klappentext:
„Wir leben mit einem bestimmten Bild des Denkens, d. h. bevor wir denken, haben wir eine vage Idee dessen, was denken heißt“. (Gilles Deleuze, 1968) -- Diese Einsicht fällt nicht zufällig in die Hochzeit der kybernetischen Wende, die allem Denken und zuallererst dem Denken des Denkens alle Vagheit austreiben wollte mit den Mitteln von informationstheoretischen Modellierungen und symbolischen Kalkülen. Wie seine Zeitgenossen musste Deleuze die Einsetzung einer neuen Intuition dessen, was Denken heißt, erleben. Sie war regiert von der Analogie von Rechenmaschine und Gehirn, dem großen Generator der Steuerungs- und Kontrollfaszination des Kalten Krieges. -- Martin Heidegger hat die geschichtliche Schlüsselstellung der Kybernetik für die Frage nach dem Denken schon im Augenblick ihrer Genese begriffen. -- Heute, in der Nachgeschichte dieses Ereignisses, ahnen wir, dass die Sache des Denkens immer schon kultur-, technik- und wissensgeschichtlichen Evidenzen untersteht und sich im Denkbild einer Epoche nur ihr eigener Dogmatismus verdichtet. So sind wir Zwerge auf den Schultern dieses Riesen. -- Umgekehrt brachte die Kybernetik Heideggers eigenes Destruktionsprojekt der Philosophie auf die Zielgerade. Der diagnostische Hauptsatz seiner Spätphilosophie ist ihm im Angesicht der kybernetischen Mobilmachung aufgegangen: „Das Bedenklichste in unserer bedenklichen Zeit ist, daß wir noch nicht denken.“ -- Der Arbeit an den Schaltkreisen der Vernunft auf der anderen Seite des Atlantik hallte aus Freiburg der Auftrag zur Reformulierung des Denkens aus der Frühe der europäischen Überlieferung entgegen. Der Gott, der alles steuert, Zeus, hatte unerkannt in New York das Ruder der Zeit übernommen.