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Peter M. Senge: Das Fieldbook zur fünften Disziplin. 5. Auflage. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2004. ISBN 3-608-91310-6
Anmerkungen von Verna Calaghan:
In Anlehnung an Peter Senge, würde ich fünf Disziplinen erwähnen, welche im Wissensmanagement wirksam werden:
Systemdenken
Man entwickelt eine Denkweise und eine Sprache, mit der man die Kräfte und Wechselbeziehungen, die das Verhalten des Systems steuern, begreifen und beschreiben kann. Diese Dieziplin hilft uns zu erkennen, wie wir Systeme effektiver verändern können und wie wir in grösserer Uebereinstimmung mit den übergreiffenden Prozessen der Natur und der Wirtschaft handeln können.
Personal Mastery
Man lernt, sein persönliches Können stetig auszuweiten, um Ergebnisse zu erzielen, die einem, wirklich wichtig sind, und man schaft eine Organisationsumwelt, die alle Mitglieder ermutigt, sich selbst in die Richtung ihrer selbstbestimmten Ziele und Absichten zu entwickeln.
Mentale Modelle
man reflektiert über seine inneren Bilder von der Welt, bemüht sich um ihre kontinuierliche Klärung und Verbesserung und erkennt, wie sie die eigenen Handlungen und Entscheidungen beeinflussen.
Gemeinsame Vision
Man fördert das Engagement in einer Gruppe, indem man gemeinsame Bilder der angestrebten Zukunft entwickelt und indem man die Prizipien und die wichtgigsten Methoden klärt, mit deren Hilfe man diese Zukunft gestalten will.
Team Lernen
Man entwickelt neue Kommunikationsformen und kollektive Denkfähigkeit, die sicherstellen, dass das Wissen und Können einer Gruppe grösser ist, als die Summe der individuellen Begabungen.
...
3.2 Senge: Die fünfte Disziplin
Peter Senge war in den 1980ern Mitarbeiter von Jay Forrester (des
Begründers der system-dynamics Modelliermethode) an der Sloan
School for Management am MIT. Aus seinen Erfahrungen mit SDProjekten
bei Firmen heraus entwickelte Senge das Konzept einer
"lernenden Organisation". Damit ist ein Lernen gemeint, bei dem
nicht nur Einzelpersonen, sondern ganze Organisationen (z.B.
Firmen) lernen. Im Buch Die fünfte Disziplin (Senge 1990)
entwickelt Senge ein Konzept von fünf Disziplinen, die seiner
Meinung nach eine lernende Organisation ausmachen. Dabei ist
systemisches Denken ("systems thinking") die zentrale Disziplin,
die zwischen den anderen Teildisziplinen vermittelt und die das
ganze Gebäude von Senge zusammenhält.
3.2.1 Fünf Disziplinen einer Lernenden Organisation
1) Systemisches Denken (systems thinking)
2) Personal Mastery
3) Mentale Modelle
4) Gemeinsame Visionen
5) Team-Lernen
3.2.2 Metanoia = radikales Umdenken
Das, was Systemisches Denken in ihrem Kern ausmacht, bezeichnet
Senge als "metanoia". Dieser altgriechische Begriff bedeutet einen
fundamentalen Sinneswandel, eine vollständige Abkehr von
bisherigen Denkmustern. Metanoia greift tiefer als eine bloße
Meinungsänderung. Es impliziert auch die Veränderung tiefer
liegender Denkmuster.
Der Begriff "metanoia" wird auch im Neuen Testament verwendet,
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um die Erfordernis einer radikalen Umkehr zum Glauben an Gott zu
charakterisieren (z.B. durch Johannes dem Täufer oder durch Petrus
in seiner Pfingstpredigt: "Tut Buße! / Kehrt Um!")
3.2.3 Gesetze der fünften Disziplin nach Senge:
In Kapitel 4 beschreibt Senge folgende "Gesetze der fünften
Disziplin":
1) Die "Lösungen" von gestern sind die Probleme von morgen.
Beispiel: Herionproblem in Ossimitz 1998 (vgl. 1.5.5.)
2) Je mehr man sich anstrengt, desto schlimmer wird es.
Watzlawick(1976) bezeichnet dies als "Wandel erster Ordnung"
oder "Wenn die Lösung zum Problem wird".
3) Das Verhalten verbessert sich, bevor es sich verschlechtert
Das ist ein typisches Verhalten vieler Systeme: kurzfristig
erfolgreiche Lösungen besiegeln langfristig die Katastrophe. Es gilt
auch das Umgekehrte: Langfristig Erfolgreiches bedeutet oft
kurzfristig Nachteile.
Beispiel: Verkehrsmodell von Embacher: Eine langfristige
Verbesserung verschiedenster Indikatoren zum Thema "Verkehr"
(Umwelt, Lebensqualität, Kosten, Ressourcennutzung...) lässt sich
nur erreichen, wenn man den Transportwiderstand
(=Transportaufwand, Transportkosten) erhöht. Dies bringt jedoch
kurzfristig (Horizont: 3-5 Jahre) Nachteile, und erst bei einem
Horizont von 15-20 Jahren Vorteile.
4) Der bequemste Ausweg erweist sich zumeist als "Drehtür".
Das Schicksal von "quick fixes" ist, dass sie nicht lange währen.
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5) Die Therapie kann schlimmer sein als die Krankheit.
Beispiel: EU-Sanktionen wegen FP - Regierungsbeteiligung.
6) Schneller ist langsamer.
Qualtingers "Der Wülde auf seiner Maschin'" - er fährt irgendwohin
und spricht: "I waaas zwoa net, wo i hin wül, oba dafir bin i
schnella durt!"
Beispiel: Bei einer ausführlichen Diskussion über "Awareness of
Social Systems" am Beispiel "Haider und die EU-Sanktionen" weiss
ein Teilnehmer sofort: "das und das sind die wichtigsten Elemente
des Konfliktes und so und so hängen die einzelnen Faktoren
zusammen und daraus folgt....." Oft fällen wir unsere Urteile so
schnell, dass sie nicht viel mehr sind als Vor-Urteile.
Nochmals die EU-Sanktionen: an einem Wochenende verhängt,
braucht es Monate oder Jahre, bis die wieder weggebracht werden
können.
7) Ursache und Wirkung liegen räumlich und zeitlich nicht nahe bei
einander.
In komplexen Systemen ist es geradezu typisch, dass das Symptom
ganz wo anders auftritt als die Ursache.
Beispiel: jemandem liegt die Arbeit und ein übler Chef derart im
Magen, dass daraus Magengeschwüre werden. Rein medizinisch
kann zwar das Symptom "Magengeschwür" diagnostiziert und
therapiert werden; eine wirkliche Ursachenbehandlung ist das aber
noch lange nicht, solange das unbefriedigende Arbeitsverhältnis
bestehen bleibt.
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8) Kleine Veränderungen können eine Riesenwirkung haben - aber
die Maßnahmen mit der stärksten Hebelwirkung sind häufig
zugleich die unauffälligsten.
Wirklich erfolgreiche Leute wissen, wie und wo und wann sie den
Hebel ansetzen müssen, um zum Ziel zu kommen: Geld, Zeit,
Aufmerksamkeit, Zuwendung, Liebe usw. wollen richtig investiert
werden.
Beispiel aus der Technik: Ein Schiff ändert seine Richtung durch
das Ruder. Große Schiffe brauchen ein relativ großes Ruder, doch
das lässt sich nicht so ohne weiteres bewegen. Um das zu
erleichtern, gibt es ein sogenanntes "Trimmruder": das ist ein
kleines Ruder, dass im Ruder sitzt und die Bewegung des Ruders
unterstützt. Auf diese Weise hilft das kleine Trimmruder
entscheidend, über das Ruder ein riesiges Schiff in die gewünschte
Richtung zu bringen.
9) Sie können den Kuchen essen oder behalten - aber nicht beides
gleichzeitig.
Ist scheinbar trivial - aber wird trotzdem oft genug übersehen!
Beispiel: Budgetpolitik. Man gibt Geld aus, das man gar nicht hat.
10) Wer einen Elefanten in zwei Hälften teilt, bekommt nicht zwei
kleine Elefanten.
Die organische Teilung eines Systems ist ein ehrfurcht gebietender
und keineswegs simpler Vorgang. Dazu gibt es die Geschichte von
den Blinden, die einen Elefanten erforschen:
9 "Der Elefant ist wie ein Baumstamm"
9 "Der Elefant ist wie ein Segel"
9 "Der Elefant ist wie ein dickes Seil"
9 "Der Elefant ist wie eine elastische Röhre"
9 "The elephant is soft and mushy"
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11) "There is no one to blame"
Damit ist gemeint, dass wir nicht versuchen sollten, den
"Schuldigen" ausserhalb des Systems zu suchen, anstatt im System
selbst eine Lösung zu erreichen.
Prinzip: "We have met the enemy and the enemy is us" – "Wir sind
dem Feind begegnet und der Feind sind wir selbst."
3.2.4 Umdenken
In diesem Kapitel behandelt Senge folgende zentrale Punkte
systemischen Denkens:
9 Erkennen von Wirkungskreisläufen
9 Kausaldiagramme als Darstellungsmittel
9 Eskalierende Rückkoppelungskreise: verstärkendes Feedback
9 stabilisierende Rückkoppelungskreise: ausgleichendes Feedback
9 Verzögerungen