Michael Hudson (1939) ist Wirtschaftswissenschaftler. Seine Arbeiten beeinflussten David Graebers Buch Debt: The First 5000 Years. |
Gemeine politische Ökonomie (nach M. Hudson)
Die EU hätte in Russland einen Handelspartner. Russland würde Öl und Getreide liefern, die EU würde mit Technik und Investitionen in Russland bezahlen. Das wäre für beide Seiten ein gutes Geschäft (aber natürlich für die USA nicht).
Die USA hat durch die Industrialisierung von China kurzfristig billige Arbeitskraft gewonnen, aber dabei viel Industrie verloren, was mit Finanzkapitalismus (auch kurzfristig) kompensiert wurde. Jetzt ist der Finanzkapitalismus am Anschlag. Was kann die USA also tun?
Sie muss andere Staaten - also die EU - zwingen, mit der USA zu handeln, dort Öl und Getreide zu kaufen und sich dort zu verschulden, weil die EU in der USA nicht so bezahlen kann, wie sie es in Russland tun könnte. Die USA hat kaum Bedarf an EU-Technik, ganz im Gegenteil.
Aber wie kann man die EU zwingen? Eben, das geht nicht. Aber die EU kann Russland freiwillig boykottieren, was sie aktuell tut. Die EU wird sich bei den USA verschulden und damit die Bilanz der USA stärken. Diese Prozess würde viel zu langsam verlaufen, wenn er nicht Gegenstand von Spekulationen mit Optionen wäre. Inwiefern oder wie lange diese Spekulation gelingt, werden wir sehen.
Offene Frage: Warum spielt da Europa mit?
Kritik: Die Plausibilität solch politischer Ökonomie beruht darauf, dass von Nationen die Rede ist. Die nationalistische Implikation: Wenn es dem Kapital gut geht, geht es auch jenen gut, die für das Kapital arbeiten. Der Witz solcher Ökonomie besteht darin, die Menschen als Umwelt der nationalen Systeme zu sehen.