Systemtheorie 1: Grundprobleme
Systemtheorie 2: Interventionstheorie
Systemtheorie 3: Steuerungstheorie
Einzelne systemtheoretische problemaspekte sind so stark ineinander verwoben und voneinander abhängig, dass sie im Grunde simultan dargestellt werden müssten. Das ist mit den Mitteln der geschriebenen Sprache nicht möglich." (1991, Systemtheorie, New York, S. 8):
Nach N. Luhmann werden Evolutionen möglich, “wenn die Ausdifferenzierung besonderer autopoietischer Systeme gelingt; denn sobald dies der Fall ist, kann ein System Strukturen variieren, soweit dies mit der Fortsetzung der eigenen Reproduktionen vereinbar ist.” LUHMANN 1999, S. 5.
Autopoietische Systeme können ebenso zufällige, ereignishafte, einmalige Anstösse aus der Umwelt auch als “Reproduktionsfehler” in den eigenen Operationen ausnutzen, um Strukturen aufzubauen und zu ändern - sozusagen evo- luieren. Nach LUHMANN reguliert das Recht Verhaltensweisen, indem es Konflikte schafft, die es zu seiner eigenen Evolution benötigt und perfektioniert damit die eigene Autopoiesis. Ein Beispiel gibt LUHMANN selbst: “Es (das Recht) ordnet an, dass nur eine begrenzte Menge von Wein subventionsfähig ist und löst damit Folgeprobleme aus, die ihrerseits wieder als Rechtsprobleme in das Rechtssystem eingespeist werden. Infolgedessen evoluiert das Recht so schnell, dass die traditionellen Mittel der Stabilisierung nicht mehr zum Zuge kommen.” LUHMANN 1999, S. 12.
WILLKE neutralisiert die etwas radikale Haltung LUHMANNS mit seiner Theorie der ‘reziproken Komplexitätstransformation’, womit er sagt, dass Komplexität in der Umwelt von Systemen nur insofern auftrete, als es die Komplexität anderer Systeme sei. Daraus folge zwangsläufig, dass nur Systemekomplex sein können, nicht aber die Umwelt. WILLKE 1987, S. 261. Daher kann für WILLKE eine Komplexitätsreduktion nur darin gesehen werden, dass diese eine Form der Komplexitätstransformation zwischen Systemen ist. Mit dieser Theorie wäre es grundsätzlich möglich, dass man den Kontext des Systems als wirksame Variable neu definiert.
LUHMANN, Niklas 1999: Recht als soziales System, in: ZfRSoz 20, S. 1 ff.
WILLKE, Helmut 1987: Differenzierung und Integration in Luhmanns Theorie sozialer Systme, in: Haferkamp/Schmid 1987, S. 247 ff.
Helmut Willke: Meine "Position" ist vielleicht am kompaktesten damit charakterisiert, dass es mir darum geht, Luhmanns Werk und Denken für den praktischen Zweck der Systemsteuerung nutzbar zu machen. Die Ironie dabei ist natürlich, dass Systemsteuerung nicht möglich ist, jedenfalls nicht im üblichen Sinne. Also geht es mir darum, hoch elaborierte Konzeptionen für die Ermöglichung des Unmöglichen zu entwerfen. Zugleich beobachte ich, dass "Steuerung" tagtäglich passiert und die Basisintention aller Professionen darstellt. Lehrer, Ärzte, Therapeuten, Manager, Berater, Entwicklungshelfer, Politiker etc. machen nichts anders als den täglichen Versuch, in hochkomplexe Systeme steuernd einzugreifen, um zu verändern. Luhmann sagt: Das geht nicht. Ich sage: Das geht nicht mit den üblichen Trivialisierungen, aber es geht in einem angemessenen Modell der Steuerung komplexer Systeme, also in den beiden Formen der Selbststeuerung und der Kontextsteuerung (Beiträge zur geistigen Situation der Gegenwart Jg. 7 (2006), Heft 3)