Differenztheoretisch kann ein Risiko als eine Differenz zwischen Risiko und Gefahr gesehen werden. Als Risiko bezeichne ich die Folge einer Entscheidung, durch die ich mich einer Gefahr aussetze.
Erläuterungen:
Wenn ich ohne Schirm unterwegs bin, riskiere ich nass zu werden.
Dieses Risiko kann ich nur eingehen, wenn ich einen Schirm habe, während die Gefahr, dass es regnet, unabhängig davon existiert.
Wenn ich keinen Schirm habe, bestimmt das Schicksal, ob ich nass werde.
Wenn ich einen Schirm habe und das Risiko eingehe, den Schirm zu hause zu lassen, kann ich das Nasswerden im Regen nicht als Schicksal bezeichnen, weil ich etwas dagegen hätte tun können (Futur II).
Ein Risiko kann ich leichtsinnig eingehen oder aber aufgrund eine Nutzen-Kosten-Analyse, in welcher ich der Gefahr eine Wahrscheinlichkeit zuordne.
Ich unterscheide verschiedene Fälle:
- die Gefahr ist - wie Regen oder Erdbeben - von mir unabhängig
- die Gefahr ergibt sich aus meinem eigenen Verhalten
Wenn ich mit Alkohol im Blut Auto fahre, gehe ich das Risko ein, Schaden anzurichten. Wenn ich dann tatsächlich Schaden verursache, kann es sein, dass ich vom Gericht bestraft werde, also noch einen Schaden verursache. Das Gericht straft mich dafür, dass ich das Risiko eingegangen bin, was sich darin zeigt, dass ich auch bestraft werden kann, wenn ich gar keinen Schaden angerichtet habe. Das Risiko, Schaden anzurichten ist zunächst meine Wahl, etwas gegen diese Gefahr zu tun oder nicht. Wenn ich aber für die Wahl er einen Variante bestraft werde, muss ich die andere Variante wählen, das heisst, ich habe keine Wahl und mithin kein Risiko in bezug auf den primären Schaden, den ich anrichte, denn gegen diesen Schaden gibt es die Prävention durch die Strafe des Gerichtes. Ich kann lediglich das Risiko eingehen, vom Gericht bestraft zu werden.
Wenn ich genügend darunter leide, was die Oeffentlichkeit über Einträge in meinem Strafregister denkt, verschiebt sich das Risiko ein weiteres Mal.
Das, was mir zunächst als Risiko erscheint, ist kein Risiko, weil es ein anderes Risiko gibt.
( .... , die ich (im Sinne einer Prävention) vermeiden kann (aber nicht vermeiden muss)).
Textstellen:
"Gefahren werden zu Risiken im Moment, in dem es möglich wird, die zukünftig auftretende Gefahr in der Gegenwart zu vermeiden ODER nicht zu vermeiden" (P. Fuchs: Prävention).
P. Fuchs bringt hier Zuunft und Gegenwart mit ins Spiel. Das fokusiert ein Schadensfall als Ereignis. Er verweist aber selbst dadarauf, dass "Gefahren (..) mögliche, gleichsam aus der Zukunft heranrollende, für die zukünftige Gegenwart negative Ereignisse (sind), mit denen man zwar rechnen, aber gegen deren Auftreten in jener zukünftigen Gegenwart man sich nicht wappnen kann".
Die Gefahr kann man auch zeitlos sehen: Die Gefahr besteht dann immer, dass etwas passiert. Und die Schutzmassnahme muss genau dann greifen, wenn es passiert. Es kann jederzeit regnen, und ich muss genau dann einen Schirm haben, wenn es regnet.
"Der Unterscheidung von Risiko und Gefahr liegt ein Attributionsvorgang zugrunde, sie hängt also davon ab, von wem etwaige Schäden zugerechnet werden. Im Falle von Selbstzurechnung handelt es sich um Risiken, im Falle von Fremdzurechnung um Gefahren. Nur für Raucher ist Krebs ein Risiko, für andere ist er nach wie vor eine Gefahr. Wenn also etwaige Schäden als Folge der eigenen Entscheidung gesehen und auf diese Entscheidung zugerechnet werden, handelt es sich um Risiken, gleichgültig, ob und mit welchen Vorstellungen von Rationalität Risiken gegen Chancen verrechnet worden sind. Man nimmt dann an, daß die Schäden nicht eintreten könnten, wenn eine andere Entscheidung getroffen worden wäre. Von Gefahren spricht man dagegen, wenn und soweit man die etwaigen Schäden auf Ursachen außerhalb der eigenen Kontrolle zurechnet. Das mögen unabwendbare Naturereignisse sein oder auch Entscheidungen anderer Personen, Gruppen, Organisationen." (Risiko und Gefahr, S. 148/149; In: Soziologische Aufklärung 5. Konstruktivistische Perspektiven. Opladen. S. 131-169)
siehe auch:
Restrisiko
Dreifaltigkeit in Japan: Erdbeben, Tsunami, AKW-GaU
Bundesinstitut für Risikobewertung Bereich Presse, Öffentlichkeitsarbeit, Risikokommunikation Thielallee 88-92 14195 Berlin
"Als Gefahr kann man jede nicht
allzu unwahrscheinliche negative Einwirkung auf den eigenen Lebenskreis
bezeichnen, etwa die Gefahr, daß ein Blitz einschlägt und
das Haus abbrennt. Von Risiko sollte man dagegen nur sprechen,
wenn die Nachteile einer eigenen Entscheidung zugerechnet werden
müssen. Das Risiko ist mithin, anders als die Gefahr, ein Aspekt von
Entscheidungen, eine einzukalkulierende Folge der eigenen Entscheidung.
Würde man anders entscheiden, würde man das Risiko
vermeiden - vielleicht auf Kosten eines anderen Risikos."
...Wenn es Regenschirme
gibt, kann man nicht mehr risikofrei leben: Die Gefahr,
daß man durch Regen naß wird, wird zum Risiko, das man eingeht,
wenn man den Regenschirm nicht mitnimmt. Aber wenn man ihn
mitnimmt, läuft man das Risiko, ihn irgendwo liegenzulassen (S.363)
Kap 12. Die Moral des Risikos und das Risiko der Moral 362 in Luhmann Moral
Die Moral des Risikos und das Risiko der Moral, in: Gotthard Bechmann
(Hg.), Risiko und Gesellschaft: Grundlagen und Ergebnisse interdisziplinärer
Risikoforschung, Westdeutscher Verlag, Opladen 19 9 3,
S. 327-338 .
[Fuchs]
[sloterdijk - schmidheini]
[ Facebook - Untergebene - Risikomanagement ]
[wp]