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Brecht, Bertold: es gibt (mindestens) 2 "Gedichte, in welchen das Schiff als Metapher verwendet wird:

Das Schiff

( Hauspostille. Frankfurt am Main 1963 (BS 3, zuerst 1927))

1
Durch die klaren Wasser schwimmend vieler Meere
Löst ich schaukelnd mich von Ziel und Schwere
Mit den Haien ziehend unter rotem Mond.
Seit mein Holz fault und die Segel schlissen
Seit die Seile modern, die am Strand mich rissen
Ist entfernter mir und bleicher auch mein Horizont.

2
Und seit jener hinblich und mich diesen
Wassern die entfernten Himmel ließen
Fühl ich tief, daß ich vergehen soll.
Seit ich wußte, ohne mich zu wehren
Daß ich untergehen soll in diesen Meeren
Ließ ich mich den Wassern ohne Groll.

3
Und die Wasser kamen, und sie schwemmten
Viele Tiere in mich, und in fremden
Wänden freundeten sich Tier und Tier.
Einst fiel Himmel durch die morsche Decke
Und sie kannten sich in jeder Ecke
Und die Haie blieben gut in mir

4
Und im vierten Monde schwammen Algen
In mein Holz und grünten in den Balken:
Mein Gesicht ward anders noch einmal.
Grün und wehend in den Eingeweiden
Fuhr ich langsam, ohne viel zu leiden
Schwer mit Mond und Pflanze, Hai und Wal.

5
Möw und Algen war ich Ruhestätte
Schuldlos immer, das ich sie nicht rette.
Wenn ich sinke, bin ich schwer und voll.
Jetzt, im achten Monde, rinnen Wasser
Häufiger in mich. Mein Gesicht wird blasser.
Und ich bitte, daß es enden soll.

6
Fremde Fischer sagten aus: sie sahen
Etwas nahen, das verschwamm beim Nahen.
Eine Insel? Ein verkommnes Floß?
Etwas fuhr, schimmernd von Möwenkoten
Voll von Alge, Wasser, Mond und Totem
Stumm und dick auf den erbleichten Himmel los.


Bert Brecht: Abbau des Schiffes Oskawa durch die Mannschaft

Zu Beginn des Jahres 1922
Nahm ich Heuer auf dem Sechstausendtonnendampfer OSKAWA
Gebaut vier Jahre vorher für zwei Millionen Dollar
Von der United States Shipping Board. In Hamburg
Nahmen wir Fracht, Champagner und Liköre nach Rio
Da die Löhnung schlecht war
Empfanden wir das Bedürfnis, unseren Kummer
Im Alkohol zu ersäufen. So
Nahmen einige Kisten mit Champagner
Den Weg in die Mannschaftsräume. Aber auch in den
Offiziersräumen
Selbst auf der Brücke und im Kartenraum
Hörte man schon vier Tage hinter Hamburg
Das Klingen der Gläser und die Gesänge
Sorgloser Leute. - Mehrere Male
Irrte das Schiff von seinem Kurs ab. Dennoch
Erreichten wir durch allerhand günstige Umstände
Rio de Janeiro. Unser Schiffer
zählte hundert Kisten Champagner weniger
Beim Ausladen. Da er jedoch
Keine bessere Mannschaft fand in Brasilien
Musste er sich weiter mit uns behelfen. Wir luden
Über tausend Tonnen Gefrierfleisch für Hamburg.
Wenige Tage auf See, übermannte uns wieder der Kummer
Über die schlechte Löhnung, das unsichere Alter, und
Einer von uns schüttete in der Verzweiflung
Viel zuviel Öl in die Kessel, und das Feuer
Schlug aus dem Schornstein über das ganze Oberschiff, so dass
Boote, Brücke und Kartenraum abbrannten. Um nicht
zu sinken
Beteiligten wir uns an der Löschung, aber
Grübelnd über die schlechte Löhnung (ungewisse Zukunft!),
strengten wir uns
Nicht allzusehr an, um sehr viel vom Deck zu retten. Das war
Leicht wieder aufzubauen mit einigen Kosten, sie hatten
Ja genug Geld gespart an unserer Löhnung.

Allzugrosse Mühen in der Mitte des Lebens
Machen die Männer rasch alt und untüchtig zum
Lebenskampf

So brannten, weil wir unsere Kraft sparen mussten
Eines schönen Tages die Dynamos aus, die Pflege brauchen
Welche von unlustigen Leuten nicht geliefert wird. Wir
waren jetzt
Ohne Licht. Zuerst benutzten wir Öllampen
Um nicht mit andern Schiffen zusammenzustossen, aber
Ein müder Maat, entmutigt durch die Gedanken
An sein freudloses Alter, warf die Lampen, um Arbeit
zu sparen
Über Bord. Um diese Zeit, ein wenig vor Madeira
Fing das Fleisch an zu stinken im Kühlraum
Durch das Versagen der Dynamos. Unglücklicherweise
Pumpte ein zerstreuter Matrose statt des Schlagwassers
Beinahe alles Frischwasser aus. Es gab noch zum Trinken
Aber nicht mehr genug für die Kessel. Wir mussten also
Für den Dampf Salzwasser nehmen, und dadurch wiederum
Wurden die Röhren uns mit Salz verstopft. Sie zu reinigen
Kostete allerhand Zeit. Es wurde siebenmal nötig.
Dann gab es Bruch im Maschinenraum. Grinsend
Flickten wir das wieder zusammen. Die Oskawa
Schleppte sich langsam nach Madeira. Dort

War keine Gelegenheit, Reparaturen zumachen von dem Umfang
Wie es jetzt schon nötig geworden war. Wir nahmen nur
Etwas Wasser auf, einige Lampen und ein wenig Öl für
die Lampen. Die Dynamos
Waren, scheint's vollständig ruiniert, infolgedessen
Arbeitet das Kühlsystem nicht, und der Gestank
Des faulenden Gefrierfleischs wurde unerträglich für unsere
Angegriffenen Nerven. Der Schiffer
Ging nur noch mit einem Revolver an Bord herum - ein
Zeichen
Beleidigenden Misstrauens! Einer von uns
Über diese unwürdige Behandlung ausser sich
Liess endlich einen Schuss Dampf in die Kühlröhren, damit
das verdammte Fleisch
Wenigstens gekocht wurde. An diesem Nachmittag
Sass die ganze Mannschaft und rechnete fleissig
Was die Ladung den United States kosten würde. Noch vor
Ende der Reise
Gelang es uns, unsern Rekord sogar zu verbessern: an der
Küste von Holland
Ging das Brennöl plötzlich aus, so dass wir
Unter grossen Kosten nach Hamburg abgeschleppt werden
mussten.
Das stinkende Fleisch machte unserm Schiffer noch viel
Sorge, das Schiff
Kam auf den Knochenhof. Jedes Kind, meinten wir
Konnte so sehen, dass unsere Löhnung
Wirklich zu klein gewesen war.


 
[Interpretation]