Luhmann, Niklas: Soziologische Aufklärung 3. Wiesbaden 2005 (1979)
Volltext (fehlt noch)
"Das Problem ist: Wie erzeuge ich mit sprachlichen Mitteln hinreichende Simultanpräsenz komplexer Sachverhalte und damit hinreichende Kontrolle über die Anschlußbewegung des Redens und Verstehens." (175).
"Aber ich meine, daß man sich den Sachnotwendigkeiten kompromißlos fügen sollte und daß Verständlichkeit kein Prinzip sein darf, das etwas verhindert, was zu sagen möglich ist." (176)
"Ich denke manchmal, es fehlt uns nicht an gelehrter Prosa, sondern an gelehrter Poesie. Wissenschaftliche Theorien haben einen eigentümlichen Weltstimmungsgehalt, den sie selbst (bei allem Einbau von Selbstreferentialität) nicht formulieren, vielleicht nicht einmal wahrnehmen können. […] Vielleicht sollte es […] für anspruchsvolle Theorieleistungen eine Art Parallelpoesie geben, die alles noch einmal anders sagt und damit die Wissenschaftssprache in die Grenzen ihres Funktionssystems zurückweist." (200f.)
Systeme, die Zeit brauchen, um eine Vielzahl von Relationierungsmuster hintereinanderschalten zu können, müssen darauf verzichten, alle ihre Elemente jeweils aktuell über Punkt-für- Punkt Beziehungen mit der Umwelt abzustimmen (PARSONS 1970: 30f.). Das ist einerseits der Grund für die Notwendigkeit von Strukturen, von Redundanzen, von Interdependenzunterbrechungen und Störungstoleranzen im System; und andererseits Ausgangspunkt für die Möglichkeit, Prozeßsequenzen aufzubauen, für die es in der Umwelt des Systems keine Parallelen gibt.
Da solche Systeme weder in all ihren Elementen jederzeit auf Umweltstützung angewiesen sind, noch über vollständige Interdependenzen in all ihren Elementen gestört werden, wenn eines ausfällt, ist ihre abrupte Gesamtzerstörung in normalen Umwelten hinreichend unwahrscheinlich, obwohl emergente Ordnungen dieser Art von den Ausgangstagen ihrer Entwicklung her gesehen ihrerseits unwahrscheinlich sind. S.114