Plato: Nomoi - Die Gesetze - Übersetzung: Susemihl, 1857
Auszug:
3. Sklaven, Freigelassenene und Tiere
Seinen eigenen entlaufenen Sklaven soll einem jeden, sofern er nur bei gesunder Vernunft ist, verstattet sein einzusperren und überhaupt mit ihm zu machen was er will, und was an sich erlaubt ist. Und ebenso soll er auch, wenn ein Sklave eines seiner Verwandten oder Freunde entlaufen ist, diesen aufgreifen und zu persönlichem Gewahrsam ins Gefängnis bringen dürfen. Macht aber jemand den Versuch, einen, der als Sklave abgeführt wird, in Freiheit zu setzen, so soll ihn zwar der, welcher ihn abführt, freigeben, aber ein wirkliches Recht zu einem solchen Versuche soll jener doch nur dann haben, wenn er drei zuverlässige Bürgen dafür gestellt hat, daß der Abführende keinen Anspruch auf den zu Befreienden habe, und wenn er, ohne diese Bedingung erfüllt zu haben, ihn macht, so soll er auf gewalttätige Eigentumsverletzung [915a] belangt werden dürfen und, falls er schuldig befunden wird, das doppelte des abgeschätzten Schadens dem Beraubten zahlen. Auch einen Freigelassenen soll man unter denselben Bedingungen gefangensetzen dürfen, falls er seinem Freilasser gar keine oder doch nicht die gehörigen Ehren erweist. Zu diesen Ehren aber gehört es, daß er jeden Monat dreimal sich in dessen Haus begebe und ihm angelobe, alles für ihn zu tun was billig sei und in seinen Kräften stehe und namentlich auch sich nur so zu verheiraten, wie es den Beifall seines gewesenen Herrn finde. Auch soll es ihm nicht verstattet sein reicher als dieser zu werden, [b] sondern was er mehr erwirbt, soll er an ihn abliefern. Auch soll er nicht länger als zwanzig Jahre sich im Staate aufhalten dürfen, sondern nach Ablauf dieser Frist gleich allen anderen Fremden unter Mitnahme seines ganzen Vermögens das Land verlassen, es sei denn, daß er sich von den Behörden und seinem Freilasser die Erlaubnis länger zu bleiben erwirkt hat. Sollte aber ein Freigelassener oder ein anderer Fremder sich ein größeres Vermögen erwerben als die Schatzung der dritten Schatzungsklasse beträgt, so soll er binnen dreißig Tagen von dem Tage ab, an welchem dies geschehen ist, [c] mit seiner ganzen Habe das Land verlassen, und es soll den Behörden nicht verstattet sein, ihm eine Erlaubnis zu längerem Bleiben zu erteilen. Gehorcht jemand diesen Vorschriften nicht und wird dessen vor Gericht überwiesen, so soll er mit dem Tode bestraft und sein Vermögen für den Staatsschatz eingezogen werden. Die Entscheidung über die Streitsachen dieser Art aber soll den Gerichten der Phylen zustehen, es sei denn, daß sie schon vorher von Nachbarn oder erwählten Schiedsrichtern erledigt worden sind.