Ingenieur ist ein aus dem Französischen eingebürgertes Fremdwort für spezifisch qualifizierte Fachleute auf dem Gebiet der Technik. Der Ausdruck bestimmt - auch durch zugeordnete Ausbildungen - spezifischer als der Ausdruck Techniker, weil es auch im Fussball gute Techniker gibt.
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Als Ingenieure bezeichne ich jemanden, der sich arbeitsteilig mit der Herstellung von materiellen Artefakten befasst, die effiziente Verfahren konservieren. Ingenieure produzieren anweisende Beschreibungen. Den Ausdruck Ingenieur verwende ich hier nicht für einen Beruf, sondern für eine sich autopoietisch hervorbringende Institution, deren Keimform ich im Unterrichten von Handwerkern erkenne, worin der Meister dem Lehrling sagt, was er wie tun muss, und später genereller sagte, was getan werden muss. Bevor diese Aufgabe durch Arbeitsteilung und Differenzierung an Ingenieure delegiert wurde, wurde sie in Zeichnungen "verschriftlicht", was der Herstellung eines spezifischen materiellen Gegenstandes entspricht, der sich später zur Konstruktionszeichnung und zum Computerprogramm entwickelt hat. Taylorismus lässt sich dabei als missing link verstehen (vgl. dazu Todesco: Der rationale Kern im Taylorismus). |
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"Psychologisierend könnte man sagen, der Ingenieure plane, erfinde, organisiere, konzipiere, analysiere, usw. Der sichtbare, empirisch zugängliche Teil der Tätigkeit von Ingenieuren besteht darin, dass sie Anweisungen geben. [..] Die Tätigkeit der Ingenieure ist Beschreiben. Wenn man sagt, dass Ingenieure Beschreibungen herstellen, abstrahiert man nicht nur, dass sie planen, erfinden, organisieren usw., man abstrahiert auch, dass sie für die Produktion beschreiben, und dass ihre Beschreibungen anweisenden Charakter haben. Die abstrakte Bestimmung, dass Ingenieure beschreiben, erfüllt, was wir von einer Abstraktion wenigstens verlangen, sie gilt für die Ingenieure überhaupt, also für alle geschichtlichen Formen des eigentlichen Ingenieurs. Diese Gültigkeit könnten andere Abstraktionen natürlich auch beanspruchen, sicher ist auch für alle Ingenieure wahr, dass sie planen, erfinden, organisieren usw. Im Gegensatz zu solchen Abstraktionen ist das Beschreiben aber empirisch unmittelbar zugänglich, das heisst, man kann es unmittelbar wahrnehmen. Dass Ingenieure denken, wenn sie beschreiben, kann man - wie berechtigt auch immer - lediglich unterstellen; das Denken selbst - abgesehen davon, dass niemand recht sagen kann, was Denken ist - kann man sinnlich nicht wahrnehmen." (Todesco: Technische Intelligenz, S. 17ff)
Die Tätigigkeit der Ingenieure wird oft als Anwendung von Wissenschaft aufgefasst, weshalb auch ebenso oft von Ingenieurswissenschaften gesprochen wird. Aber Ingenieure entwickeln eigenständige Theorien, "für die es in den Naturwissenschaften kein Vorbild gibt; ein Beispiel dafür ist die Regelungstheorie, die zunächst für technische Einrichtungen wie den Watt’ schen Fliehkraftregulator entwickelt wurde und erst Jahrzehnte später nach beträchtlicher Verallgemeinerung von der Naturwissenschaft Biologie übernommen wurde" (Ropohl, S.34)
Während G. Ropohl noch für "Technik-Wissenschaft" plädierte, hat sich mittlerweile - wenigstens ansatzweise der aus dem Englischen eingebürgerte Ausdruck Engineering durchgesetzt, der eben gerade nicht von Wissenschaft spricht, sondern einen eigenen Handlungszusammenhang bezeichnet, der sich etwa gleichzeitig wie die Wissenschaft ausdifferenziert und entwickelt hat.
Ich unterscheide Engineering, Wissenschaft und Philosophie. In vielen vermeintlichen "Wissenchaftsbereichen" - etwa in der sogenannten Genetik, Gentechnik, Genmanipulation - ist aber mittlerweile von (Bio-)Engineering die Rede, weil anders oder gar nicht unterschieden wird.
Berühmte Ingenieure:
J. Watt (1736)
G. Eiffel (1832)
viele Brückenbauer - wohl weil Brücken (zusammen mit der EIsenbahn) in einer bestimmten Zeit anstelle von Kathedralen traten. Den Brücken folgten dann wieder grosse Dächer für Bahnhöfe.
Ingenieur bedeutete zu allen Zeiten nicht nur, dass es um Produktion geht, die nicht ein einzelner Handwerker bewerkstelligen kann, sondern auch um die Trennung von Kopf- und Handarbeit. Dazu braucht es Kommunikationsmittel wie Planzeichnungen, während der unmittelbare Sinn der Konstruktionszeichnung das Planen der Tätigkeit auch für einen einzelnen Handwerker besteht - das ist ein wichtiger Übergang !!
Zur Geschichte:
Bildquelle: Wikipedia Sébastien Le Prestre de Vauban. Pastell in Dreikreidetechnik „aux trois crayons“ von Hyacinthe Rigaud, nach 1703. |
Sébastien Le Prestre, Seigneur de Vauban (1633-1707) war General, Festungsbaumeister unter Ludwigs XIV. Er ist eine Art Prototyp des Ingenieurs. |
Bildquelle: Wikipedia Die – ohne die hier gezeigte Zitadelle – als komplette Neuplanung entstandene Festungsstadt Neuf-Brisach, errichtet als Ersatz für die 1697/99 ans Reich zurückgegebenen Festungen Breisach und Freiburg, gilt als eines der Hauptwerke Vaubans. |
Dass Leonardo da Vinci als Ingenieur seiner Zeit weit voraus war, hat sich als eine besonders von Mussolini gestreute Legende herausgestellt. Die meisten Ideen zu seinen Skizzen finden sich bereits in älteren kriegs- und ingenieurstechnischen Werken mittelalterlicher Autoren wie beispielsweise von Villard de Honnecourts (um 1200 – nach 1235), Guido da Vigevano (um 1280 – um 1350), Konrad Kyeser (1366 – nach 1405), oder Taccola (1381–1453) wieder, auf denen da Vinci aufbaute.
Kunstmeister ist eine bis in das 19. Jahrhundert gebräuchliche Bezeichnung für Amtsinhaber, die technische Anlagen (Kunstgezeug) konstruieren und instand halten und oft ein Studium an einer berufsbezogenen Akademie (Bergakademie, Montanuniversität) hinter sich hatten. Gegen Ende des 19. Jhd. wurde Begriff durch Ingenieurs ersetzt.
Nicht nur für Ingenieure, auch für andere Kunstmeister gilt: "Spätestens um 1600 wird für den Bereich der Malerei, Skulptur und Architektur deutlich gesagt, dass hierfür eine besondere Art von Wissen erforderlich sei, das Philosophen und Theologen nicht liefern können (zb Federico Zuccaro, 1607). Die gelehrte scholastische Begrifflichkeit erscheint als nutzlos und überflüssig. Auch die spätmittelalterliche ars/scientia-Diskussion wird nicht weitergeführt, da die Reflexion der künstlerischen Tätigkeit selbst jetzt genug Material bietet" N. Luhmann, Die Kunst der Gesellschaft, 404f).
Wikipedia-Zeugs:
Das lateinische Wort ingenium heißt „sinnreiche Erfindung“ oder „Scharfsinn“. Das davon abstammenden italienische Wort ingegnere (d. h. „Zeugmeister“, „Kriegsbaumeister“) wurde im Mittelalter nur im Zusammenhang mit Kriegstechnik und im Deutschen als ebenso einschränkendes Lehnwort Ingenieur gebraucht. Erst im 17. Jahrhundert bedeutete das französische Wort ingénieur „Fachmann auf technischem Gebiet mit theoretischer Ausbildung“. Es kam im 18. Jahrhundert von dort erneut als Lehnwort Ingenieur ins Deutsche, jetzt aber in der allgemeineren französischen Bedeutung und verdrängte im Laufe des 19. Jahrhunderts auch die im Berg- und Wasserbau übliche Bezeichnung Kunstmeister.