von Glasersfeld, Ernst: Über Grenzen des Begreifens. 1996. Benteli, SFr. 9.80, ISBN 3-7165-1004-1
Klappentext
Ich komme durch relativ einfache Überlegung über Begriffsbildung zu dem radikalen Schluss, dass wir uns an die Schnittstellen zwischen unserem Erleben und einer ontologischen Realität zwar gewissermassen von innnen herantasten, die aber nie überschreiten können. Und dass es darum eine nicht ungefährliche Illusion ist, wenn wir uns anmassen, unser Wissen als Erkenntnis einer von uns unabhängigen Welt hinzustellen.
Inhalt:
Ueber die Grenzen des Begreifens S. 7
Man muss zuerst zu zweit sein S.31
Wissen als Werkzeug S.53
Alexander A. Bogdanov: Wissenschaft und Philosophie
Enthält einige Metaphern für den Konstruktivismus/Viabilität:
- Kriminal-Roman, der immer wieder neue Erfahrungen einführt, so dass die bisherigen Hyothesen verworfen werden müssen und am Schluss eine Hypothese des Autors als letzte setzt (24)
- Gehen im dunklen Raum als Suchen von gangbaren Wegen
- Einstein als Nichkonstruktivist: Gott würfelt
- Galilei als Erfinder der Wissenschaft (Hypothesen, nicht Experimente: die Fiktion des freien Falles verlangt die Berücksichtigung von Luftwiderstand oder Reibung (S.15)
Alchemie als Versuch zwei Arten von Wissen (Unterscheidung: Wissen über Gott als Mystik/Rationalität) zu vereinen (Einheit) EvG,G, 13)
Die Spaltung wurde aktuell (bewusst, relevant, als Ketzerei bei G. Galilei, 1632) durch Kopernikus. Bellarminos Ausweg über Theorie(Hypothese als Berechnungsgrundlage) G. Galilei war der erste, "der bewusst fiktive, ideale Gesetze erfand und dann Experimente entwickelte, deren Ergebnisse mit den von den Gesetzen verlangten gut genug übereinstimmten. Um das zu erreichen, musste er dann freilich andere Faktoren wie Reibung und Luftwiderstand, == da ist wohl der Witz des Exp == die in der Praxis eine wesentliche Rolle spielen, in seine Berechnungen einbeziehen.
Man weiss, dass Galilei mit Kugeln gearbeitet hat, die auf schiefer Ebene hinunterrollen, und mit dem freien Fall von Körpern. Als Gesetz nahm er an, dass alle Körpr gleich schnell fallen. Das war ein ziemlich gewagte Erfindung, denn in unserer alltäglichen Erfahrungswelt folgen viele Dinge keineswegs diesem Gesetz. ... Deshalb sagte er, das Gesetz gelte im luftleeren Raum. Aber auch das war eine gewagte Annahme, denn zu seiner Zeit konnte niemend ein Vakuum schaffen, um die Behauptung zu überprüfen. Das Fallgesetz war also keine ENtdeckung, sondern eine Erfindung. Und sie war genial, weil sich dank dieses Gesetzes, wenn mnebn auch andere Faktoren wie Reibung und Luftwiderstand einbezieht, sehr genau Vorhersagen über tatsächliche physikalische Vorgänge machen lassen. (S.15f)
Der erste, der versucht hat zu erklären, worauf diese Spaltung beruht, war Gambista Vico in "Die neue Wissenschaft" (1714 u. 44). Vico schrieb, dass sich die Sprachen unterscheiden, weil sie verschieden konstruierte Metaphern verwenden: Rationale Metapher beziehen dich auf Erfahrungen, mystische auf der sinnlichen Erfahrung nicht zugängliches (wie Gott oder Engel).
Wie viele Engel können auf einer Nadelspitze tanzen? zur Illustration von mystischen Metaphern. Engel kann ich imaginieren, aber körperlose Engel sind imaginär.
Unterscheidungen dienen dazu den Strom des Erlebens aufzuteilen und zu ordnen (22)
Anmerkungen von rtErnst von Glasersfeld sagte in einem Gespräch: "Was Marx in den Feuerbachthesen sagt, scheint auch mir mit dem Konstruktivismus vereinbar. Aber offizielle Marxisten lehnen diese Interpretation ziemlich schroff ab, denn sie wollen doch eine ganz "reelle" Materie als basis für den dialektischen Materialismus. Wenn Du die Bogdanov-Dialoge in dem kleinen Band von mir ("Grenzen des Begreifens", Benteli Verlag, Bern) gelesen hast, dann weisst Du dass auch ich eine recht konstruktivistische Marx-Interpretationen gefunden habe (und Gramsci gehört sicher in diese Gruppe). Doch die Partei hat das, soweit ich weiss, nie zugelassen."