LiteraturUnterredungen (Discorsi)
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Literatur über GalileiBrecht: Galilei |
Ernst von Glasersfeld: Galilei als Erfinder der Wissenschaft, der nicht das Experiment, sondern das Arbeiten mit Hypothesen erfunden hat, etwa in der Fiktion des freien Falls, der nicht beobachtbar war. Galilei war der erste, der bewusst fiktive, ideale Gesetze erfand (Über Grenzen des Begreifens, S. 15). Die Fiktion des freien Falles verlangt die Berücksichtigung von Luftwiderstand oder Reibung
Kardinal Bellarmino sagte: Sei vernünftig: Bezeichne deine Ideen als Hypothesen, sonst sind sie Ketzerei. (Grenzen, S. 14)
E. Mach behandelt diese Geschichte anders unter dem Aspekt der Abstraktion, die aufgrund von vielen Beobachtungen gemacht wird (wobei er Induktion und a priori verwirft). (E. Mach: Erkenntnis, )
Alte Variante (bevor ich Glasersfeld und Mach gelesen habe, und die jetzt auch in Bezug auf I. Newton nicht mehr passt):
Verbreitet ist und wird (etwa in Meyers Lexikon) die Vorstellung, dass G. Galilei durch die Einführung des (quantitativen) Experimentes der Begründer der modernen Naturwissenschaft sei. Mir scheint dagegen, dass I. Newton die Naturwissenschaft begründete, in dem er die Gesetze von G. Galilei in einen theoretischen Zusammenhang stellte.
G. Galilei wird zugeschrieben: "Man muß messen, was messbar ist, und messbar machen, was noch nicht messbar ist". (Siehe dazu der freie Fall)
"Er (Galilei) verwendete ideale Fiktionen, um Phänomene (das heisst Erfahrungsergebnisse) miteinander zu verknüpfen und zu systematisieren, die sich unter Bedingungen der Beobachtung nie ganz so wie die gesetzten Modelle verhielten. Dieser Schachzug hat sich in unserer Erfahrungswelt als geradezu wundersam erfolgreich erwiesen, dieser Erfolg rechtfertigt aber nicht ... " (EvG, WdW, 201)
Rolf Todesco: Hyperkommunikation
Galilei, Galileo (1564-1642) erfand einen Proportionalzirkel. Mit dem von ihm nach niederländischem Vorbild konstruierten Fernrohr entdeckte er unter anderem die Phasen der Venus, die vier ersten, von ihm ›Mediceische Gestirne‹ genannte Monde des Jupiter sowie die Saturnringe und erkannte, dass die Sternhaufen und die Milchstraße aus Einzelsternen bestehen.
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G. Gallilei hat nicht das Experiment erfunden, sondern die Fiktion: Luftleerer Raum, freier Fall, was er gar nicht zeigen konnte.
"Ich will dazu noch eine Geschichte erzählen. Im aufgeklärten Mittelalter wurden hypothetische Konstruktionen wie etwa jene von Kopernikus als System bezeichnet. System hiess eine ausgedachte Erklärung, die man nicht beweisen konnte, weil sie auf Hypothesen, also auf angenommenen Unterstellungen beruhte. Im Streit über das heliozentrische Planetensystem sagte der Kardinal Bellarmino sagte zu G. Galilei: "Sei vernünftig: Bezeichne deine Ideen als Hypothesen, sonst sind sie Ketzerei". Man kann den Rat des Kardinals so interpretieren, wie es offenbar G. Galilei auch getan hat: Hätte G. Galilei seine Ideen als Hypothesen bezeichnet, hätte er zugegeben, dass er nicht weiss und nicht wissen kann, ob er recht hat. Sein ganzes System wäre nur eine Denkmöglichkeit gewesen - was es in meinen Augen tatsächlich ist. N. Kopernikus und G. Galilei benutzten das heliozentrische Planetensystem als Erklärung für bestimmte Phänomene am Sternenhimmel, die sich natürlich - wie jedes Phänomen - auch anders erklären liessen. K. Popper sagte viel später als der Kardinal nochmals, dass man Hypothesen nur falsifizieren, nie aber verifizieren kann. Deshalb blieben Erkenntnisse der Wissenschaft immer hypothetisch. J. Konorsky verdeutlicht mit seinem Experiment auch, dass es dem Kardinal Bellarmino wohl nicht um die Falsifizierbarkeit von Hypothesen ging - denn G. Galileis Hypothesen sind so schwer zu falsifizieren wie jene von I. Pawlow. Wenn man die entsprechenden Versuche macht, wird man ziemlich sicher auch die prognostizierten Resultate erhalten. Der Kardinal wollte lediglich, dass G. Galilei seine Konstruktion als eine mögliche Erklärung bezeichnete. Der Kardinal wusste eben, was Erklärungen und was Hypothesen im Sinne der Systemtheorie sind, auch wenn er von Systemtheorie wohl noch nie gehört hatte. I. Newton sagte explizit, was G. Galilei vielleicht schon meinte: "Hypothesis non fingo" (Ich erfinde keine Hypothesen). A. Einstein zeigte, dass I. Newton nur nicht merkte, auf welchen "Erfindungen" er sein System aufbaute. G. Galilei und I. Newton sahen ihre blinden Flecken nicht. G. Galilei sah nicht, wo er steht (Perspektive) und I. Newton sah nicht, dass er im absoluten Raum und in der Zeit argumentierte" (Todesco, Systemtheorie-Vorlesung). |
1543 N. Kopernikus veröffentlicht seine Planetentheorie
"De revolutionibus orbium coelestium libri VI" (Sechs Bücher über die Kreisbewegungen der Weltkörper)
1588 T. Brahe veröffentlicht seine Planetentheorie
1609 G. Galilei richtet zum ersten Mal ein Fernrohr gegen den Himmel und entdeckt u. a. die Mondgebirge, vier Jupitermonde und die Sonnenflecken
1609 J. Kepler veröffentlicht seine Planetengesetze
1643-1727 Isaac Newton
Schiff-Metapher (Relativitätstheorie)
aus der WP: http://de.wikipedia.org/wiki/Betrug_und_F%C3%A4lschung_in_der_Wissenschaft
Galileo Galilei wurde wiederholt vorgeworfen, einige der von ihm beschriebenen und als Beleg für die Korrektheit seiner Theorien ausgegebenen Experimente niemals selbst durchgeführt zu haben. Federico Di Trocchio etwa schrieb über das Experiment mit der schiefen Ebene:
„Entweder hatte Galilei das Experiment nie durchgeführt, oder er hatte seine Ergebnisse nicht mit der nötigen Genauigkeit wiedergegeben.“[41]
Der Wissenschaftshistoriker Alexandre Koyré, der durch seine Études galiléennes als Galilei-Kenner ausgewiesen ist, hat behauptet, dass viele Experimente Galileis mit den Anfang des 17. Jahrhunderts verfügbaren Mitteln gar nicht zu realisieren gewesen seien. Er weist darauf hin, dass Galilei in seinen Schriften kaum jemals einen konkreten Wert angibt, und wenn doch – wie im Dialog – er jedes Mal völlig falsch liegt. So soll eine Kugel innerhalb einer Sekunde vier Ellen tief gefallen sein, das ist weniger als die Hälfte des Wertes, der nach dem Fallgesetz zu erwarten gewesen wäre. Koyré führt das Problem auf die Messmethoden zurück; um etwa die Zeit zu messen, wog Galilei die in einem bestimmten Zeitraum aus einem Gefäß abgeflossene Wassermenge mit einer Goldwaage (es gab noch keine mechanische Uhren, mit denen man Sekunden messen konnte). Nach Alexandre Koyré sind solche Messmethoden zu ungenau, um die gefundenen Gesetze abzuleiten:
„So befindet sich die moderne Naturwissenschaft in ihren Anfängen in einer ziemlich seltsamen und sogar paradoxen Lage: Ihr Prinzip ist die Genauigkeit, sie behauptet, daß die Wirklichkeit in ihrem Wesen geometrisch und folglich Gegenstand strenger Determination und Messung ist […]; sie entdeckt und formuliert (mathematisch) Gesetze, welche es erlauben, die Lage und die Geschwindigkeit eines Körpers an jedem Punkt seiner Flugbahn und in jedem Augenblick seiner Bewegung abzuleiten und zu berechnen, und ist außerstande, sie zu benutzen, weil sie keine Mittel hat, eine Zeitdauer zu bestimmen oder eine Geschwindigkeit zu messen.“[42]
Dem hat Stillman Drake widersprochen.[43] Er hat handschriftliche Notizen analysiert, in denen Galilei zum Beispiel ein Experiment zur Flugbahn einer fallenden Kugel mit unterschiedlichen anfänglichen Horizontalgeschwindigkeiten aufgezeichnet hat. Dabei notiert Galilei den von ihm erwarteten Wert für die Flugweite der Kugel sowie den gemessenen Wert, wobei die größte Abweichung knapp vier Prozent beträgt. Zumindest in diesem Fall sieht alles danach aus, dass Galilei den Versuch tatsächlich durchgeführt hat. Der Eindruck der Fälschung mag auch damit zusammenhängen, dass Galilei später in den Discorsi nur noch die gefundenen Gesetze, aber nicht mehr die zugrunde liegenden Versuchsergebnisse veröffentlicht hat.
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[Rede des Papstes 1992]
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