Taijiquan (Praxis) wird umgangssprachlich oft mit Taiji (Philosophie) verwechselt oder gleichgesetzt. Taijiquan hat in der deutschen Sprache verschiedene Schreibformen, es wird auch T’ai Chi Ch’üan oder chinesisches Schattenboxen genannt. Taijiquan wird - wie Yoga - vor allem als Bewegungslehre betrachtet, die der Gesundheit von Körper und Geist dient und oft mit Meditation verbunden wird. Bekannt wurde Taijiquan im Westen nach der chinesischen Öffnung (Kulturrevolution) durch Bilder, die viele Menschen in öffentlichen Parkanlagen zeigten, die gemeinsam Übungen machten und als Qi Gong im Zusammenhang mit der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), die auch eine moderne Erfindung der Kulturrevolution ist.
Zu Taijiquan existieren viele Gründermythen, die bis in die Vorzeit und zum Shaolin-Kloster zurückreichen. Darin werden auch viele verschiedene Taijiquanstile (Schulen) unterschieden. Die Taijiquangeschichte wird normalerweise als Renaissance-Geschichte geschrieben, wobei die politischen Kontexte des Opiumkrieges, des Boxeraufstandes und der Mao-Zeit zugunsten der Vorzeit-Mythen ausgespart wird. |
siehe auch
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Mit Taijiquan bezeichne ich ein bestimmtes Praktizieren von TaiJi. Der Wortteil "quan" steht für "Quánfǎ", wozu ich zwei Übersetzungen unterscheide:
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Es gibt verschiedene Taijiquan-Practise. Taijiquan als Kampfkunst ist eine verbreitete Auffassung mit einer langen Tradition (Chen-Stil). Neben der Kampfkunst wird Taijiquan auch als Ausdruckskunst etwa im Sinne der Kaligrafie gesehen (Al Huang) oder als Tanzform (ChiDance) oder als Heilgymnastik (Qi Gong). Immer geht es darum, TaiJi zu leben und zu praktizieren.
Ich praktiziere Taijiquan in jeder Form in Form von Übungen, aber ich übe dabei nicht für einen späteren Zeitpunkt, für einen Auftritt oder für einen Ernstfall, ich übe im Sinne des Ausübens. Die Kampfkunst übe ich nicht im Hinblick auf einen Kampf oder dass ich mich bei einem Angriff verteidigen kann, sondern um ein ganzheitliches Verständnis von vermeintlichen Kampfsituationen zu erlangen.
Bestimmte Aspekte der Übungen, etwa Bewegungsabfolgen, muss ich vor dem Üben lernen. Und vernünftig üben kann ich nur, wenn ich weiss, was ich übe, wenn mir die Konzepte hinter den Übungen bewusst sind. Deshalb muss ich mich vor dem Üben mit der Lehre befassen; Chen Xin sagt "lesen", ich verstehe "studieren".
Zum Mythos gehört die Bionik, das Lernen von der Natur, etwa den Kampf der Tiere. In der Zivilisation wird das Lernen durch Lehrer angeleitet. Auch dabei gibt es sehr verschiedene Auffassungen.
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Es gibt Literatur über Taiji als Philosophie wie Tao Te King. In diesen Büchern steht wenig Explizites zu Taijiquan, aber es gibt Lehrer, die sie trotzdem grundlegend finden. Ich sehe in dieser Literatur einen intellektuellen Zugang zum Taiji, der zum Taijiquan im besten Fall komplementär ist.
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Es gibt Literatur über Taijiquan. Es gibt allerlei historische Einführungen, die den Zusammenhang von Taiji und Taijiquan behandeln. Ein gutes Beispiel dafür, in welchem das Wort Taijiquan gar nicht vorkommt, ist Zen in der Kunst des Bogenschiessens.
In diesen Bücher ist die Welt dualistisch gesehen: Taijiquan lässt sich nicht durch Lesen lernen, Taiji dagegen schon. Geanu dazu wird Taiji als vom Praktizieren abstrahierte Philosophie beobachtet - was Taiji invertiert (auf den Kopf stellt).
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Es gibt eigentliche Lehrbücher. In diesen Büchern werden die Übungen beschrieben, die man auch in den Einführungskursen lernen kann. Es geht dabei vor allem um das korrekte Ausführen von Bewegungsabläufen. Ein gutes Beispiel sind die Karate-Bücher von M. Nakayama, die den ganzen Umfang des Practise abdecken.
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4. |
... zum Lernen von Bewegungsabläufen eignen sich eigentliche Multimedia mit unterbrechbarn Filmsequenzen viel besser als Bücher. Im Internet gibt es mittlerweile unzählbar viele Videos zu Taijiquan, die teilweise als Lehrmittel gedacht sind.
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