Prolog
Jedes eigentliche Geld hat einen materiellen Träger, der als Atrefakt von der Zentralbank im Auftrag der Nation - früher aussschliesslich in Form von Münzen und Banknoten - hergestellt wurde. Das vermeintlich "digitale Geld" schafft mir zusätzliche Verwirrungen, auf die ich hier nicht eingehen will. Und Giralgeld betrachte ich gar nicht als Geld. |
Dass ich Metall- und Papierstücke der Zentralbank überhaupt als Geld beobachte, beruht - wie erziehungsvermittelt auch immer - auf der Währung, also auf jener Verfassung der Nation, in welcher steht, dass diese Produkte der Zentralbank als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Mit Banknoten kann ich meine Schulden begleichen oder Güter kaufen, wobei die Banknoten ihren Besitzer wechseln. Da ich meine 20-Franken-Banknote geschenkt bekommen oder aus einem Bankomaten habe könnte, gibt es offenbar auch andere Formen Geld in die Hand zu bekommen.
Als Artefakt gehören die Geldstücke der Zentralbank, es ist mir beispielsweise verboten Geldmünzen, die mir gehören, einzuschmelzen, was zeitweise getan wurde, weil ihr Metallwert höher war als ihr Geldwert. Als Artefakte sind die Geldstücke eine Leihgabe, sie werden von der Nation im Prinzip gratis zur Verfügung gestellt und deren Herstellung wird mit Steuergeldern bezahlt. In diesem Sinne sind die Geldstücke wie Nationalstrassen oder militärische Sturmgewehre. Sinn der Geldstücke ist nicht, dass ich sie behalte, sondern dass ich sie vorübergehend ausgeliehen bekomme und mehr oder weniger bald danach weitergebe. Nach einer gewissen Zeit gehen sie in die Zentralbank zurück, sie werden vernichtet und durch neue Geldstücke ersetzt.
Als Geld repräsentieren die Geldstücke einen Wert, der sich darin zeigt, dass ich sie gegen wertvolle Güter eintauschen kann. Während das Artefakt im Eigentum der Zentralbank bleibt, mir also nur geliehen ist, ist der repräsentierte Wert von Banknoten, die mir gehören, mein Eigentum. Auch das ist genau in dem Sinne der Fall, als es so in der Verfassung steht.
Wie aber bekommt die Banknote ihren Wert?
Ich unterscheide zwei Fälle:
Solange die Geld-Artefakte in der Zentralbank sind, sind sie kein Geld. Die Zentralbank hat den Auftrag, Geldartefakte in einer vernünftigen Menge herauszugeben. Die vernünftige Menge ist ein politischer Entscheid, sie kann beispielsweise an Warenkorbpreis-Stabilität orientiert sein oder an einer gewünschten Inflationsrate oder an relativer Vollbeschäftigung, usw.
Die Zentralbank kann das Geld beispielsweise in die Staatskasse geben, womit sie den Bedarf des Staates an Steuereinkommen reduziert. Der Staat kann dann diese Artefakte in dem Sinne zu Geld machen, als er damit Güter bezahlt und so das Geld auch in Umlauf bringt.
In diesem Fall bekommt das Geld seinen Wert durch die damit bezahlten Güter, also durch die erste Verwendung der Artefakte als Geld. Jeder Empfänger des Geldes wird es nur gegen Güter mit demselben Wert weitergeben.
Der Staat könnte unter bestimmten Bedingungen (etwa auf Geheiss der Zentralbank (Monetative)) Geld an die Zentralbank zurückgeben, dabei würde das Geld seinen Wert wieder verlieren.
In diesem Fall gibt es keine Urschuld, die Banknote kann nicht als Schuldschein gesehen werden, weil sie kein Schuldverhältnis repräsentiert.
Historisch beruht Geld auf monarchischen Protostaaten, in welchen Fürsten sich bei Bankiers verschuldeten, etwa die iberischen Könige bei norditalienischen Bankhäusern. Die Fürsten vergaben das Münzregal als Schuldtilgung oder als Sicherheit an die Bankiers. Es handelt sich dabei nicht um Geld, weil es nicht auf einer Währung beruht, sondern um private Schuldverhältnisse der Königshäuser.
Im Merkantilismus wurde die Finanzierung des Staatswesen von den privaten Haushalten der Fürsten getrennt und dabei immer stärker verfasst. Die Bankiers waren aber bereits mächtig genug, um Geldregale zu behalten. Das Fed beispielsweise, die grösste Zentralbank, die es gibt, gehört immer noch anonymen Bankiers. Auch die schweizerische Zentralbank ist eine private Aktiengesellschaft.
Die Zentralbank kann beispielsweise als Aktiengesellschaft betrieben werden. Dazu braucht sie ein Regal der Nation und muss dafür Konzession bezahlen, weil eine Seigniorage und andere Gewinne zu Lasten der Nation anfallen. Im aktuellen Fall der Schweiz besteht die Konzession in einer Gewinnausschüttung an den Staat.
In diesem Fall stellt die Zentralbank nicht nur Geldartefakte, sondern Geld her und ist Eigentümerin dieses selbsthergestellten Geldes, das in ihrer Buchhaltung als Passiven erscheint, wie bei anderen Unternehmen das Eigenkapital.
Die Zentralbank muss dieses Geld verleihen, damit es in Umlauf kommt. Banken, die Geld bei der Zentralbank als Kredit aufnehmen, machen also Schulden, so dass jedes Geld im Umlauf im Prinzip mit einer Ur-Schuld belastet ist. Daraus leitet die politische Okonomie den relativen Widersinn ab, das Geld Schulden sei.
Die finanzkapitalistisch entwickelte Geldpraxis ist etwas kompliziert, weil die Banknoten nur noch einen kleinen Teil des des Girovermögens in Form von sogenanntem Buchgeld ausmachen. Giralgeld ist natürlich immer eine Schuld, aber eigentlich nur eine Schuld und gar kein Geld. Und mit Banknoten hat es ohnehin fast nichts zu tun, davon abgesehen, dass ich mit Banknoten jede Schuld begleichen kann. Im Prinzip wenigstens, weil es natürlich viel zu wenig Banknoten gibt, um Giralschulden zu begleichen.
Die politische Okonomie, die Geld als Schulden begreift, verallgemeinert diesen Spezialfall der Banknotenherstellung. Meine 20-Franken-Banknote gehört dann nicht nur als Artefakt der Zentralbank, sondern auch der Wert der Note bleibt im Eigentum der Zentralbank, die mir diesen Wert lediglich als Kredit zur Verfügung stellt. Wenn ich mit einer solchen Banknote eine Ware "bezahle", mache ich den Warenverkäufer zum Schuldner der Zentralbank.
Die Finanzbuchhaltungen insgesamt kennen keine Schuld, weil jede Schuld in einer beliebigen Buchhaltung als Guthaben in einer anderen Buchhaltung erscheinen muss. Wenn ich in meiner Buchhaltung schreibe, dass ich 20 Franken Guthaben in meiner Kasse habe, dann schreibt die Zentralbank, dass sie 20 Franken Eigenkapital in meiner Kasse hat. Wenn ich die 20 Franken weitergebe, erscheinen sie in einer anderen Buchhalten als Guthaben und weiterhin bei der Zentralbank als Schulden. Und wenn die Banknote schlieslich wieder zur Zentralbank zurückgeflossen ist, vergrössert sich deren Eintrag in der Kasse zugunsten des Eintrages bei den Schuldnern (Debitoren).
Nicht nur, was Geld ist, wird durch die Währung festgestellt, sondern auch, wem es gehört. Die Währung aber widerspiegelt einfach die Machtverhältnisse, in welchen das jeweilige Geld verwendet wird. Wenn die politische Ökonomie also behauptet, dass Geld Schulden seien, dann hat sie in Bezug auf bestimmtes Geld recht, aber natürlich nicht in Bezug auf Geld überhaupt. Geld an sich war eine sehr sinnvolle Sache, nur Geld von privaten Banken und privaten Zentralbanken verweist auf unmenschliche gesellschaftliche Verhältnisse.
Hier habe ich nur den einfachsten Fall von Geld, nämlich die Banknote behandelt. Die Banknote ist aber unabhängig davon, ob sogenanntes Bargeld verboten wird oder nicht, am Aussterben. In unserer Gesellschaft brauchen wir kein Geld mehr, weil wir auch alles mit Giralgeld finanzieren können. Und weil unser Geld ohnehin auch als Schuld gehandelt wird, spielt es innerhalb der aktuellen Verhältnisse keine Rolle, ob wir Giralgeld verwenden. Aber auch in Bezug auf Giralgeld kann ich natürlich darüber nachdenken, wem es gehört und woher es kommt. Ich kann es nur nicht in die Hände nehmen. (Fortsetzung folgt)