Merkantilismus wird oft als Volkswirtschaftslehre aufgefasst. Ich bezeichne damit aber eine politische - keine wirtschaftliche - Revolution. |
"Als Merkantilismus bezeichne ich eine Lehre, die vordergründig besagt, dass Staaten durch eine positve Handelsbilanz Einkommen generieren können und sollen. Ein typischer Vertreter (sozusagen ein Erfinder) des Merkantilismus war A. de Montchrétien (Traicté de l'économie politique, 1615), er bezeichnete die Lehre als politische Oekonomie, weil sich seine Lehre auf den Haushalt des "Staates", den er noch als Polis begriffen hat, bezieht. Der Begriff „merkantiles System“ wurde viel spätrer durch G. de Mirabeau (1749-1791, Abgeordneter, Präsident des Jakobinerclubs) 1763 geprägt und von A. Smith 1776 allgemein verbreitet. Das Wort stammt vom lateinischen mercari (Handel treiben), bzw. französisch mercantille (kaufmännisch) ab und meint, dass der Staat kaufmännisch handle (oder handeln soll)." (R. Todesco: Geld, S. 135)
In dieser vordergründigen Auffassung geht die entscheidende Revolution verloren, weil mit Merkantilismus insbesondere auch absolutischtische Monarchien beschrieben werden. (Zur Epoche siehe merkantiles Europa). Die Revolution war politisch, nicht wirtschaftlich. Es geht um die Gründung des Staatshaushaltes.
Als Merkantilismus bezeichne ich - anders als die politischen Ökonomen - die anweisende Beschreibung einer Praxis, durch die sich der Staat autopoietisch organisiert.
"Vor dem Merkantilismus führten die Monarchen Haushalte, die durch die eingeführte Praxis als private erscheinen" (R. Todesco: Geld, S. 135). Die Fürsten waren - davon abgesehen, dass es Eigentum im engeren Sinne des Wortes nicht gab - Eigentümer von allem. Sie konnten also keine Steuern erheben, weil sie schon alles besassen. Sie konnten ihren Untertanen lassen, was sie selbst nicht brauchten.
Merkantilismus bedeutet, dass Bürger mit den Fürsten handelten - was eine Art Paradoxie begründete. Die Fugger lehnten sich - in dieser Paradxie - auf, indem sie dem König nicht gaben, was ihm gehörte, sondern ihm sein Vermögen als Kredit gaben. Zuvor haben sie Regale erfunden: Sie bezahltem dem König, was ihm gehörte, gegen das Recht Bargbau zu betreiben.
Als Kern dieser Geschichte kann wohl gesehen werden, dass der König - mit allem, was ihm gehörte, er aber nicht besass - keine Armee finanzieren konnte.
Solange ein Kaufmann einem Fürsten Kredit gewährt, wie es etwa die Fugger gegenüber Maximilian I. getan haben, muss der Kaufmann abschätzen, was er bestenfalls wie oder auf welche Weise zurückbekommen kann. Der Fürst muss als Schuldner schauen, dass er kreditwürdig bleibt. In solchen privaten, vor-nationalen Verhältnissen spielt die Geldmenge keine Rolle.
Für die Bürger wäre es aber zweifelslos besser, nicht von den Launen des Fürsten abhängig zu sein. Und für den Fürsten wäre es besser, wenn er keine Armee und keinen Beamtenstab selbst finanzieren müsste. Man hat als eine Trennung vorgeschlagen: Für Staatsausgaben wie eine Armee werden Steuern erhoben. Dazu wird ein Haushalt eingerichtet. Dem König schwimmen die Fälle davon, dafür erhält er einen Staat mit einer finanzierten Armee, für die er nichtsmehr aufwenden muss. Das Aufwenden bestand in der Organisation der Verwaltung, die kein König je überblicken konnte. Es wurde eine Art Recht geschaffen. Dem König wurde allerlei zugesichert, bei den Franzosen hat es nicht lange funktioniert, die englische Krone hat sich schlauer verhalten.
Der Nationalstaat beruht auf der Praxis die privaten Haushalte der Monarchen durch eine dazu eingerichtete Finanzverwaltung zu ersetzen, oder moderner könnte man von einer Auslagerung sprechen, die sich zum autonomen Nationalstaatsapparat entwickelt."
Die eigentliche, also staatsbildende Leistung besteht aber darin, diese Überschüsse nicht durch die privaten Haushalte der Monarchen fliessen zu lassen, sondern durch eine dazu eingerichtete Verwaltung, die - autopoietisch - zum autonomen Staatsapparat wird. Die Verwaltung, die zunächst der Finanzierung der Armeen und der Beamten dient, greift um sich, was dazu, dass immer mehr Aufgaben des Monarchen zu Verwaltungs- oder Staatsaufgaben werden. Der Haushalt des Monarchen wird entlastet, der Monarch bekommt nur noch den Gewinn - und auch davon immer weniger, weil die Verwaltungen als Banken immer mehr davon abschöpfen.
die diffus-unbewusste Erfindung der Volkswirtschaft, indem eine Volkswirtschaftslehre (VWL) als einschlägige Perspektive (Beobachtung) entwickelt wurde. In dieser Perspektive erscheint der Staat, der damit quasi erfunden wurde, als wirtschaftliches Subjekt eines Staatshaushaltes.
Die "merkantilistischen Ökonomen" (Finanzberater der Monarchen) verfolgten vordergründig das Erzielen von Überschüssen durch eine positve Handelsbilanz durch Zölle. Die eigentliche, also staatsbildende Leistung besteht aber darin, diese Überschüsse nicht durch die privaten Haushalte der Monarchen fliessen zu lassen, sondern durch eine dazu eingerichtete Verwaltung, die - autopoietisch - zum autonomen Staatsapparat wird. Die Verwaltung, die zunächst der Finanzierung der Armeen und der Beamten dient, greift um sich, was dazu, dass immer mehr Aufgaben des Monarchen zu Verwaltungs- oder Staatsaufgaben werden. Der Haushalt des Monarchen wird entlastet, der Monarch bekommt nur noch den Gewinn - und auch davon immer weniger, weil die Verwaltungen als Banken immer mehr davon abschöpfen.
"Merkantilismus ist in diesem Sinne eine "wirtschaftstheoretische" Konzeption für die sich entwickelnde "staatliche" Praxis, in welcher sich Besitz und Eigentum trennt." (R. Todesco: Geld, S. 136).
Nachdem im Merkantilismus der Haushalt von adeligen Patriarchen in einem politischen Haushalt aufgehoben wurde, hat sich die Staatsverwaltung die Geldhoheit angeeignet. Mit dem merkantilistischen Staatswesen bekam die Nation in der sogenannten Renaissance eine Rechtsform, deren Verfassung weit über die Währung hinausreicht. Der moderne Staat beruht auf der Erfin-dung eines politischen Haushaltes mit einer autonomen Verwaltung.176 Der Staat tritt quasi als Subjekt eines Haushaltes in Erscheinung. Die Merkantilisten haben „echte“ Steuern zuhanden eines Staatshaushaltes eingeführt, wo zuvor mit den eingetriebenen „Zehnten“ allerlei allgemeingemeinte Ausgaben, wie et-wa den Unterhalt der stehenden Heere oder den Bau von Kirchen, von Fürsten und Königshäusern bestritten wurden. "Gebt dem Monarchen, was des Monar-chen ist" markiert diese Differenz, nach welcher „öffentliche“ Aufgaben eben nicht die des Monarchen sind. (R. Todesco: Geld, S. 152).
Merkantilismus bezeichnet die Politik unter den franz. Königen Ludwig 13, 14, die den Staat im Form von Beamten ausbauten auf Kosten des Adels, der den Beamten unterstellt wurde.
Literatur
[H. Bortis: Merkantilismus Das Gegenteil von dem, was hier steht ]
K. Marx wirft den Merkantilisten vor, keinen Wertbegriff zu haben, sondern den Wert (wie auch ihre Gegener) nur im Tauschwert zu erkennen (S. 76).
Links
merkantilismus.net [ ]
merkantilismus.net