Luhmann, Niklas: Die Politik der Gesellschaft, 2002. ISBN: 3-518-29182-3, Suhrkamp-Tb. Wissenschaft
kritisch dazu: Politik, Gesellschaft
Klappentext
Niklas Luhmann entfaltet in "Die Politik der Gesellschaft" die gesellschaftstheoretische Grundlegung der politischen Soziologie. Dabei werden Begriffe wie "Repräsentation" oder "Souveränität", "Staatlichkeit" oder "Demokratie" systemtheoretisch rekonstruiert und die politischen Funktionen dieser Begriffe aufgezeigt.
Kurzbeschreibung
Politik ist das Bereithalten der Kapazität zu kollektiv bindendem Entscheiden - der vorliegende Band ist nicht nur als Beitrag zur politischen Soziologie, sondern auch zur Gesellschaftstheorie angelegt. In beiden Hinsichten wird deutlich, wie sehr eine solche Fremdbeschreibung der Politik sich von den bisher dominierenden Traditionen der politischen Selbstbeschreibung unterscheidet.
Die historische Semantik von Begriffen wie "Repräsentation" oder "Souveränität", wie "Staatlichkeit" oder "Demokratie" wird mit dem Vorschlag einer systemtheoretischen Rekonstruktion konfrontiert, der die genuin politische Funktion solcher Begriffe dadurch erkennbar macht, daß er sich selbst gerade nicht der Politik, sondern der Wissenschaft und damit einem völlig anderen Funktionsbereich zuordnet.
Inhalt
1Die Politik der Gesellschaft: Zur Fragestellung 7
2 Das Medium Macht 18
3 Ausdifferenzierung und operative Schließung despolitischen Systems 69
4 Politisches Entscheiden 140
5 Das Gedächtnis der Politik 170
6 Der Staat des politischen Systems 189
7 Politische Organisationen 228
8 Öffentliche Meinung 274
9 Selbstbeschreibungen 319
10 Strukturelle Kopplungen 372
11 Politische Evolution 407
Editorische Notiz 435
Register 439
Volltext
[Auszug]
„Die übliche Art, hier theoretische Optionsmöglichkeiten zu sehen, findet man in der Frage, ob Macht wirklich eine Art innere Potenz, eine Art >Kraft< des Machthabers sei, die man an seinen Ressourcen ablesen könne, oder ob Macht nicht vielmehr erst durch die Gehorsamsbereitschaft der Unterworfenen erzeugt werde. Diese Frage hat vor allem in der Organisationstheorie eine Rolle gespielt, weil hier offensichtlich nur dann von Macht die Rede sein kann, wenn Mitglieder daran interessiert sind, im System zu bleiben und dies mit Akzeptieren von Weisungen zu bezahlen.“ ( 27)
"Ebenso zeigt sich aber auch, daß die Bemühungen der Nationalstaaten, die Interessen ihrer Einwohner zu fördern, die Globalisierungstendenzen der entsprechenden Funktionssysteme stärkt. ... Insofern ist der Nationalstaat nicht nur ins politische System der Weltgesellschaft eingebunden, sondern ist zugleich auch eine wichtige Schubkraft in Richtung Globalisierung einiger anderer Funktionssysteme" (224).
"Der Zusammenbruch der sozialistischen Hoffnungen in Theorie und Praxis kann als Entscheidung der gesellschaftlichen Evolution begriffen werden, die unter weltgesellschaftlichen Bedingungen regionale Abkopplungen auflöst. Daraus kann aber kaum auf eine Zukunftsgarantie von Marktwirtschaft und Verfassungsstaat geschlossen werden. Eher scheint der Sachverstand heute sich auf die Frage zuzuspitzen, ob und welche Formen evoluieren werden, wenn symbolisch generalisierte Medien wie politische Macht oder Geld zunehmenden Entscheidungsrisiken ausgesetzt sind" (433f).