Homonyme: | Aktiengesellschaft, Festgesellschaft, Gesellen-G., Gesellschafter-G., ... |
Konzepte: | Gesellschaftsvertrag, Gesellschaftsformation, Gesellschaftstyp |
Das Wort "Gesellschaft" wird in sehr vielen Kontexten und in sehr vielen Bedeutungen verwendet, bis hin zu "Gesellschaft - das gibt es nicht" (M. Thatcher):
Beobachtungen jenseits von Gesellschaft
Als Gesellschaft bezeichne ich die Differenz zwischen Gesellschaft und Gemeinschaft:
Als Gesellschaft bezeichne ich in dieser Differenz einen Handlungszusammenhang, in welchem Menschen einer Sozietät, die sich als getrennt wahrnehmen, durch Verträge verbinden, wodurch die Gesellschaft entsteht.
Die Gemeinschaft wird durch Vergellschaftung aufgelöst und ist - als zivilisierte Gemeinschaft - gleichzeitig eine Art utopisches Ideal jeder Gesellschaft (Kommune, Kommunismus).
Der eigentliche Fall der Gesellschaft ist privat, also im Privatrecht geregelt, der typische oder konstitutive Fall ist die Aktiengesellschaft. Die dafür verwendeten Verträge bezeichne ich als Statuten oder Satzung. In einer kaum reflektierten Analogie hat J. Rousseau von einem Gesellschaftsvertrag gesprochen, womit er im merkantilistischen Sinne eine politische Gesellschaft meinte, die sich in einer entwickelteren Form einer Verfassung unterstellt. Diese politisch gemeinte Gesellschaft hat ihre Vertragspartner nicht aussen, sondern in ihren Mitgliedern, mit welchen sie den Vertrag natürlich nicht verhandeln kann. J. Rousseau bezeichnet als Ziel der Zivilisierung, dass Menschen in den Vertrag - einsichtig - einwilligen (Emile wird entsprechend dressiert).
Im quasietymologischen Übergangsfeld ist der Geselle jemand, der sich mit andern Gesellen seinen Unterhalt teilt, wobei sie durch - allenfalls implizite - Verträge einer Obrigkeit (Meister im Sinne eines Fürsten) unterstellt sind, was die freie Wahl des Vertrages natürlich - feudal - ad absurdum führt.
In Bezug auf Gesellschaft hat K. Marx eine historisch gemeinte Typologie vorgeschlagen, in welcher er Gesellschaftsformationen unterscheidet.
Als Gesellschaft bezeichne ich in dieser marxschen Perspektive die Gesamtheit der in einer Sozietät gegebenen Produktionsverhältnisse, die sich in einem historische Prozess, dessen Subjekt die Klasse der unterdrückten Menschen ist, durch Revolutionen weiterentwickeln.
K. Marx hat die kapitalistische Gesellschaftsformation in eine Geschichte eingebunden, in welcher die kommunistische Revolution als letzte die Gesellschaftsformationen aufheben soll, so, wie die bürgerliche Revolution primitivere Verhältnisse aufgehoben hat.
Als Gegenstand der (bürgerlichen) Soziologie besteht die Gesellschaft, die normalerweise staatlich-völkisch-national abgegrenzt ist und auf staatlichen Subventionen beruhen, aus politischen Institutionen.
Im konventionellsten Fall handelt es sich um Institutionalisierungen von Staatsbürgern, die als naiv als Menschen und weniger naiv als Rollen oder Masken (Personen) aufgefasst werden.
N. Luhmann reduziert Gesellschaft auf ein autopoietisches System an sich anschliessender Kommunikationen, in welchen die Referenzsysteme der klassischen Soziologie nur noch als Inhalt von Kommunikation erscheinen.
B. Latour weitet Gesellschaft aus auf eine vernetzte Menge aller Arten von Operationen.
Sowohl bei N. Luhmann als auch bei B. Latour spielen Menschen explizit keine Rolle.