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Der konsensuelle Bereich des Beobachters


Als konsensuellen Bereich des Beobachters bezeichne ich das, worüber ich Aussagen machen kann. Als Beobachter nehme ich meine Eigenzustände in Form einer Um-Welt (für)wahr, die mir als von bedeutungtragenden Gegenständen bevölkerte Welt erscheint, die ich in meiner Sprache repräsentieren kann. In dieser Welt orientiere ich mein Handeln und über diese Welt kann ich mich mit anderen Menschen, die Teile dieser Welt sind, unterhalten. Meine Eigenzustände, die ich in Form von Wahrnehmung meiner Umwelt erlebe, steuere ich durch mein Verhalten in dieser Welt. Wenn ich in meinem Wahrnehmungsapparat den Eigenzustand haben will, in welchem ich den Eifelturm sehe, fahre ich in der wahrgenommen Welt nach Paris. Bestimmte Eigenzustände entsprechen der Für-wahr-nehmung bestimmter Um-Welten (Anmerkung 1).

Konsensuell nenne ich den Bereich, welchen ich beschreiben kann, weil darin Konsens möglich ist, also eine Emotion, die darauf beruht, dass auch andere Menschen so handeln und sprechen, wie ich es aufgrund meiner Um-Welt-Wahrnehmungen auch oder eben gerade nicht tun würde (Anmerkung 2). Mit Konsens unterstelle ich nicht, dass ich die andern verstehe, oder gar, dass sie mich verstehen. Mit Konsens meine ich nur eine Art von Uebereinstimmung von Aeusserungen jenseits davon, was die Aeusserungen bedeuten mögen. Ich muss nicht wissen, wie andere die Aeusserungen meinen, verstehen oder interpretieren, sondern nur inwiefern sie unter den von mir wahrgenommenen Bedingungen vergleichbare, mir passende Aeusserungen machen, die jenen entsprechen, die ich machen oder erwarten würde (Anmerkung 3).

     
 

Da diese Art Konsens auf - verbalen oder nonverbalen - Aeusserungen beruht, ist diese Art Konsens immer aktuell und kann durch jede weitere Aeusserung aufgehoben werden. H. von Foerster formuliert zugespitz, dass es kein Verständnis, sondern nur graduell verschiedenen Missverständnisse gebe. Konsens beruhe in diesem Sinne immer darauf, dass nicht genug geäussert wurde. Umgekehrt beruht jedes Missverständnis auf dem Missverständnis, dass Verständnis verifizierbar sei. Missverständnisse zeigen sich ja immer erst hinterher, etwa aufgrund weiterer Aeusserungen, weshalb ich aktuell Verständnis und Missverständnis nicht unterscheiden kann. Aktuell kann ich nicht missverstehen und wenn ich ein zurückliegendes Missverständnis entdecke, verwende ich dabei ein aktuelles Verständnis, von welchem ich nicht wissen kann, ob es sich später als Missverständnis erweist (Anmerkung 4).

Mein Sprechen über den konsensuellen Bereiches unterliegt einer Differenzierung, in welcher ich Eigenzustände thematisiere. In der naturwissenschaftlichen Metapher beispielsweise kann ich etwa einen bestimmten Blutzuckergehalt, welchen ich Hunger erlebe, als chemischen Eigenzustand eines Organismus beschreiben, welchen ich in der "äusseren" Welt durch Nahrungsaufahme reguliere. Ich erlebe dabei keinen Zuckermangel im Blut, den ich durch Zuckerzufuhr behebe, sondern Hunger, welchen ich etwa durch Brotessen aufhebe. Ueber Hunger und Brotessen kann ich als Motiv und Handlung sprechen, ohne chemische Eigenzustände beschreiben zu können (oder zu müssen). In meiner (naturwissenschaftlich gesehenen) konsensuellen Um-Welt gibt es dagegen Organismen mit einem Blutzuckergehalt, der über bestimmte Prozesse in einem Fliessgleichgewicht gehalten wird. Wenn ich diesen Blutzuckergehalt mit Hunger in Verbindung bringe, spreche ich über einen Eigenzustand und ein zugehöriges Erscheinungsbild. Dabei führe ich quasi auf der Seite des nicht zugänglichen Eigenzustandes die Unterscheidung zwischen Eigenzustand und Konsens nochmals ein, so dass der Eigenzustand in den konsensuellen Bereich verschoben wird, und ich auch über den Eigenzustand "Blutzuckergehalt" sprechen kann. Dabei taucht die Problematik der unaussprechbaren Eigenzustände nochmals auf, wenn ich über meine Empfindungen spreche. Ich weiss zwar ziemlich genau, was ich mit mit "Hunger" - oder "Zahnschmerzen" - meine, aber ich weiss nicht, was ein anderer empfindet, wenn er mit diesen Ausdrücken über seine Empfindungen spricht, weil ich keine Vergleichsmöglichkeiten sehe. Dass ich andere trotzdem "verstehe", bezeichne ich als Empathie (Anmerkung 5).


 

Metakommunikation

Konsens hat quasi-etymologische im "kon" einen Aspekt von Uebereinstimmung, und im "sense" ein Aspekt von Sinn oder Bedeutung. Sinn und Bedeutung kommen auf der Ebene von Systemen, die ja Mechanismen sind, nicht vor, sondern sind Leistungen des deutenden Beobachters, der damit sein Beobachten orientiert. Sinn entscheidet, was ich beobachte.


 
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