Den Ausdruck "Schrift" verwende ich homonym für Schrift (ohne Plural) und für je bestimmte Schriften.
Als Schrift überhaupt bezeichne ich einen Handlungszusammenhang, in welchem ich bestimmte Verhaltensweisen als Schreiben deute. (Die beobachtbare Operation besteht im Herstellen von Artefakten, die ich als Schriftzeichen deute, wenn ich ein Konzept von Schrift habe).
Wenn ich schreibe, stelle ich ein Artefakt her, indem ich Material forme. Die Form der einzelnen Zeichen und des Textes ist durch die von mir gewählten Schrift bestimmt. Erläuterungen:
Anmerkung zur Differenz zwischen Schrift und TextEin Text kann "gut sein" (viel ausdrücken), ein guter Brief oder ein guter Roman. Schrift kann "gut sein" (typographisch schön, praktisch, lesbar).
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Schriften
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zur Differenz zwischen Schrift und Sprache
siehe auch Grammatik. Grammatologie, Text, Literalität
[ ]Und ein bisschen Quasietymologie:
Schriftstücke wurden meist nach dem Stoff benannt, aus dem sie bestanden: das Papier nach der Papyrusstaude, lat. "liber" (Buch) bedeutet ursprünglich "Bast" (abgeschälte Baumrinde) und lat. "codex" gehört zum Verb "cudere" (schlagen) und bezeichnet das vom Stamm abgeschlagene Holzbrett. Das Buch schließlich trägt seinen Namen vom Buchenholz, aus dem die ersten Schreibtafeln gefertigt wurden. Diese Tafeln (lat. tabellae / tabulae) wurden mit Lederschnüren zu "Büchern" (got. bokos) zusammengeheftet. Der Ausdruck "Buch" findet sich in allen germanischen Sprachen, so dass bereits sehr früh auf Holztafeln geschrieben worden sein muss. Aus engl. "book" hat sich das Verb "to book" entwickelt, das im 18. Jahrhundert als "buchen" (in die Rechnungsbücher eintragen) verdeutscht wurde. Noch älter ist der "Buchhalter", der eine Lehnübersetzung aus dem Italienischen darstellt (tenere i libri) und mit anderen Begriffen des Handels und des Bankwesens schon im 15. Jahrhundert ins Deutsche kam. ... "? (Redensarten)
"Der Versuch, die originäre und prä- oder meta-phonetische Schrift zu denken, führt zu nichts Geringerem als zu einer 'Überwindung' des gesprochenen Wortes durch die Maschine." (Derrida, Grammatologie S.140)
[ in Arbeit ]
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Literatur
"Die Schrift, die im gedruckten Buche ein Asyl gefunden hatte, wo sie ihr autonomes Dasein führte, wird unerbittlich von Reklamen auf die Straße hinausgezerrt und den brutalen Heteronomien des wirtschaftlichen Chaos unterstellt. Das ist der strenge Schulgang ihrer neuen Form. Wenn vor Jahrhunderten sie allmählich sich niederzulegen begann, von der aufrechten Inschrift zur schräg auf Pulten ruhenden Handschrift ward, um endlich sich im Buchdruck zu [29] betten, beginnt sie nun ebenso langsam sich wieder vom Boden zu heben. Bereits die Zeitung wird mehr in der Senkrechten als in der Horizontale gelesen, Film und Reklame drängen die Schrift vollends in die diktatorische Vertikale. Und ehe der Zeitgenosse dazu kommt, ein Buch aufzuschlagen, ist über seine Augen ein so dichtes Gestöber von wandelbaren, farbigen, streitenden Lettern niedergegangen, daß die Chancen seines Eindringens in die archaische Stille des Buches gering geworden sind. Heuschreckenschwärme von Schrift, die heute schon die Sonne des vermeinten Geistes den Großstädtern verfinstern, werden dichter mit jedem folgenden Jahre werden." (Benjamin, Einbahnstraße)
Derrida, Grammatologie
Yuval Harari: Eine kurze Geschichte der Menschheit mit der Unterscheidung Vollschrift/Partialschrift und über die Organisation der Schrift.
Günther Schrift und Schriftlichkeit
Bei J. Derrida ist Schrift ein "Ereignis", was vor allem zeigt, dass er keinen Begriff, sondern eine differance bezeichnet - und dabei würde écriture besser mit Aufschreibung übersetzt/interpretiert. Es geht gerade nicht um Schrift, sondern darum dass geschrieben wird.